Entscheidender Meilenstein für das TESLA-Projekt

Am 22. Februar gelang es einem internationalen Wissenschaftlerteam im Forschungszentrum DESY zum ersten Mal, mit einem „Freie-Elektronen-Laser (FEL) ultraviolette Strahlung um 110 Nanometer zu erzeugen – das ist die kleinste Wellenlänge, die jemals mit einem Freie-Elektronen-Laser erzeugt wurde. Damit ist erstmals bewiesen, dass das neuartige Funktionsprinzip, auf dem dieser FEL beruht, auch im Bereich von 100 Nanometern funktioniert. Dieser Nachweis ist ein entscheidender Meilenstein auf dem Weg zum Röntgenlaser des TESLA-Projekts (TeV-Energy Superconducting Linear Accelerator). Die Realisierbarkeit des TESLA-Röntgenlasers ist damit in greifbare Nähe gerückt.

Heutige Laser liefern Strahlung nahezu aller Wellenlängen. Nur im Röntgenbereich gibt es noch keine Laser mit hoher Intensität, da die hierfür erforderlichen Spiegel nicht existieren. Dabei sind gerade Röntgenlaser für die Wissenschaft von besonderem Interesse: So lassen sich mit ihnen z.B. kontrastreiche Abbildungen von atomaren Strukturen herstellen, die heutzutage in dieser Form nicht möglich sind. Ein Laser für Röntgenstrahlung verspricht ganz neue Einblicke in die Tiefen von lebenden Zellen, Molekülen und Werkstoffen.

Die Entwicklungen zur Realisierung eines leistungsstarken Röntgenlasers konzentrieren sich auf so genannte Freie-Elektronen-Laser. Dabei wird ein hochenergetischer Teilchenstrahl aus einem Beschleuniger in einer besonderen Magnetstruktur auf einen Slalomkurs gebracht und so zur Aussendung von laserartig gebündelter Strahlung veranlasst. Freie-Elektronen-Laser reichten bisher nur bis in den Bereich von 200 Nanometern. Prinzipiell benötigten sie zunächst ganz wie die „klassischen“ Laser ein System von hochreflektierenden Spiegeln, zwischen denen die Strahlung verstärkt wird. Für den Bereich unterhalb von 150 Nanometern gibt es solche Spiegel jedoch nicht mehr – einen Röntgenlaser auf diese Art zu realisieren ist unmöglich, ein anderes Verfahren musste gefunden werden. Der Freie-Elektronen-Laser bei DESY beruht auf dem SASE-Prinzip (für Self-Amplified Spontaneous Emission, d.h. selbstverstärkte spontane Emission), bei dem sich die Strahlung selbst verstärkt. Er kommt vollständig ohne Spiegel aus und ist deshalb besonders für den Bereich der Röntgenwellen geeignet.

Vor zwei Jahren erzeugte ein solcher SASE-FEL in den USA erstmals Strahlung im Infrarot-Bereich, vor einigen Monaten gelang dies auch mit sichtbarem Licht. Nun wurde bei DESY der Beweis erbracht, dass diese neuartige Strahlungsquelle im kritischen Bereich um 100 Nanometer tatsächlich zur Erzeugung von intensiver Laserstrahlung eingesetzt werden kann. Die Wissenschaftler beobachteten am Ausgang der 14 Meter langen Magnetstruktur eine Strahlungsverstärkung um einen Faktor 150 über der normalen spontanen Emission – das Zeichen dafür, dass der Freie-Elektronen-Laser funktioniert. Ziel ist es nun, die Strahlung genauer zu untersuchen und die bestehende Anlage weiter zu optimieren, um sie zu einem zuverlässigen, vielseitig nutzbaren Instrument auszubauen.

Durchgeführt wurde das Experiment an einem supraleitenden Elektronen-Beschleuniger, der sich derzeit bei DESY im Aufbau befindet: Im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit von 38 Instituten aus neun Ländern entsteht auf dem DESY-Gelände in Hamburg ein 300 Meter langer Freie-Elektronen-Laser für Wellenlängen bis zu sechs Nanometern, der ab 2003 für die Forschung zur Verfügung stehen wird. Dieser supraleitende Laser dient gleichzeitig als Pilotanlage für DESYs Zukunftsprojekt TESLA, bei dem die neuartige SASE-Technologie zur Erzeugung noch kleinerer Wellenlängen genutzt werden soll.

TESLA ist eine supraleitende Beschleunigeranlage für Energien bis zu Tera-Elektronenvolt, das sind 1000 Milliarden Elektronenvolt. Das Besondere an dieser geplanten Anlage ist ihre parallele Nutzung sowohl für die Elementarteilchenphysik als auch für auf Anwendung ausgerichtete Forschungen mit Röntgenstrahlung. In einem 33 Kilometer langen Tunnel stehen zwei Linearbeschleuniger, in denen Elektronen und ihre Antiteilchen, die Positronen, auf höchste Energien gegeneinander beschleunigt und zum Zusammenstoß gebracht werden sollen. Außerdem soll der Elektronenstrahl für die in TESLA integrierten Röntgenlaser verwendet werden. Mit einer Entscheidung über das TESLA-Projekt wird 2002/2003 gerechnet. Die Bauzeit ist mit sechs bis acht Jahren veranschlagt.

Die 300 m lange TESLA-Pilotanlage ist der weltweit erte und einzige Laser dieser Art. Vom 1. Juni bis zum 31. Oktober 2000 wird DESY dieses Projekt im Rahmen der Erlebnisausstellung „Licht der Zukunft – Ein 300 m langes supraleitendes Röntgenlaser-Mikroskop“ als Weltweites Projekt der EXPO 2000 der Öffentlichkeit vorstellen – „greifbar“, spannend und allgemein verständlich. Geöffnet ist täglich von 10 bis 19 Uhr, Donnerstag bis Mitternacht; der Eintritt ist frei.

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