Belle II

Teilchenphysikexperiment Belle II

Im Urknall sollten Materie und Antimaterie zu gleichen Anteilen entstanden sein. Doch warum gibt es im heutigen Universum fast nur Materie? Das Experiment Belle II am Beschleuniger SuperKEKB in Japan soll helfen, dieses große Rätsel der Teilchenphysik zu lösen. Auch DESY beteiligt sich an dem ambitionierten Experiment, das 2018 an den Start ging.

Dass Materie und Antimaterie sich unterschiedlich verhalten, führen Physikerinnen und Physiker auf die Verletzung der so genannten CP-Symmetrie zurück. Diese besagt, dass sich die physikalischen Gesetzmäßigkeiten in einem System nicht ändern sollten, wenn alle Teilchen durch ihre Antiteilchen ersetzt und gleichzeitig alle Raumkoordinaten gespiegelt werden. Forschende haben bereits Prozesse identifiziert, die die CP-Symmetrie brechen. Allerdings reicht das Ausmaß der beobachteten CP-Verletzung nicht aus, um den tatsächlich vorhandenen Materieüberschuss im Universum zu erklären. Dieser kommt womöglich durch „neue Physik“ zustande, die über das gängige Standardmodell der Teilchenphysik hinausgeht.

Ideen und Theorien zu dieser neuen Physik gibt es viele – von Extradimensionen bis Supersymmetrie. Welche davon die Wirklichkeit korrekt beschreibt, wollen die Forschenden herausfinden, indem sie das unterschiedliche Verhalten von Materie und Antimaterie extrem präzise messen. Dazu hat das japanische Beschleunigerlabor KEK in Tsukuba den von 1999 bis 2010 betriebenen Ringbeschleuniger KEKB zu einer „Super-B-Fabrik“ umgebaut – einem Elektron-Positron-Beschleuniger, der große Mengen von Teilchen namens B-Mesonen produziert. Die Grundlagen für diese B-Fabriken wurden unter anderem bei DESY am DORIS-Speicherring gelegt, an dem 1987 mit Hilfe des ARGUS-Detektors zum ersten Mal die Umwandlung eines B-Mesons in sein Antiteilchen, ein Anti-B-Meson, beobachtet wurde.

Teilchenproduktion in der B-Fabrik

Der rund drei Kilometer lange, aufgerüstete Beschleuniger SuperKEKB soll eine 30-fach höhere Kollisionsrate liefern als sein Vorgänger und damit über 700 Paare von B-Mesonen pro Sekunde erzeugen. Deren Zerfälle werden im Belle II-Detektor mit höchster Präzision vermessen. Gemeinsam mit sieben deutschen Universitäten, dem Max-Planck-Institut für Physik und dem Max-Planck-Halbleiterlabor in München, die seit 2020 einen vom BMBF geförderten Forschungsschwerpunkt bilden, hat DESY eine zentrale Komponente für das riesige Nachweisgerät gebaut, den Pixel-Vertexdetektor, der die Teilchenzerfälle unmittelbar am Kollisionspunkt registriert. Hierfür kommt erstmals die neuartige, in München entwickelte DEPFET-Technologie zum Einsatz, die bis zu 50 000 hochaufgelöste Bilder pro Sekunde liefert. Außerdem beteiligt sich DESY an der Datennahme und Auswertung der Messdaten von Belle II. Hierfür stellt DESY seine Grid-Infrastruktur und – im Rahmen seiner National Analysis Facility (NAF) – Rechnerressourcen zur Verfügung.

Die Belle II-Kollaboration besteht aus mehr als 1000 Forschenden von über 120 Instituten aus 27 Nationen, wobei Deutschland die größte Gruppe stellt. SuperKEKB hat 2016 erste Teilchen beschleunigt, und der Belle II-Detektor hat 2018 sein Forschungsprogramm aufgenommen. Die Rekord-Kollisionsrate von SuperKEKB ermöglicht einzigartige Experimente, die komplementär zu denen am LHC sind, an dem mit dem LHCb-Detektor ebenfalls B-Mesonen untersucht werden.

Langjährige Zusammenarbeit

Die Zusammenarbeit von DESY mit japanischen Teilchenphysikinstituten hat eine lange Tradition. Schon Anfang der 1970er Jahre beteiligten sich japanische Forschende an dem Experiment DASP am Speicherring DORIS bei DESY, dann folgte das Experiment JADE („Japan-Deutschland-England“) am PETRA-Beschleuniger. Am HERA-Beschleuniger gab es eine große japanische Beteiligung bei den Experimenten ZEUS und HERMES. Auch im Rahmen von Zukunftsprojekten wie der Detektorentwicklung für einen zukünftigen Collider gibt es gemeinsame Forschungsaktivitäten. Mit der Beteiligung von DESY an Belle II wurden diese erstmals auf ein Experiment in Japan ausgedehnt.

Zahlen und Fakten

Belle II

  • Experiment zur Messung von Elektron-Positron-Kollisionen am SuperKEKB-Beschleuniger des japanischen Beschleunigerlabors KEK in Tsukuba
  • 7,5 m lang, 7 m hoch
  • Beginn des Forschungsbetriebs: 2018
  • Erwartete Anzahl erzeugter B-Mesonen-Paare: ca. 40 Milliarden


Belle

  • Vorgängerexperiment von Belle II am Beschleuniger KEKB
  • Betrieb: 1999 bis 2010
  • Anzahl erzeugter B-Mesonen-Paare: knapp 800 Millionen
  • Datenanalyse: laufend