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DESY News: ICAME 2015-Konferenz in Hamburg
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ICAME 2015-Konferenz in Hamburg
Vom 13. bis zum 18. September findet in Hamburg die „International Conference on the Applications of the Mössbauer Effect” (ICAME 2015) statt. Die Konferenz wird seit fast 50 Jahren zweijährlich an weltweit wechselnden Orten ausgerichtet und zieht dabei regelmäßig 200 bis 300 Teilnehmer aus mehr als 40 Ländern an. Die Tagung widmet sich den wissenschaftlichen Anwendungen des Mössbauereffekts, der heutzutage ein unverzichtbares Werkzeug sowohl der Grundlagenforschung als auch der modernen Materialforschung ist.
Wie funktionieren Proteine? Auf welche Weise stellten unsere Vorfahren ihre Werkzeuge her? Gab es Wasser auf dem Mars? Rostet das Autoblech unter dem Lack? Diese Fragen sind nur einige Beispiele für die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten eines physikalischen Effekts, der im Jahr 1958 von Rudolf Mössbauer entdeckt wurde und wofür dieser nur drei Jahre später den Nobelpreis für Physik erhielt. Der Effekt ermöglichte eine extreme Steigerung der Präzision, mit der die Absorption von Röntgenstrahlung gemessen werden konnte. Eine solche hohe Genauigkeit und Empfindlichkeit der Messung physikalischer Größen war zuvor völlig undenkbar. Plötzlich war es z.B. möglich, das scheinbare Gewicht von Lichtteilchen zu messen – den Photonen, die eigentlich gar keine Masse haben. So gelang es auch, Einsteins berühmte Vorhersage zu bestätigen, dass Licht an Gewicht verliert oder gewinnt, wenn es im Schwerefeld der Erde aufsteigt bzw. fällt.Neben solchen fundamentalen Experimenten ermöglicht der Mössbauer Effekt auch einzigartige Einblicke in die innere Struktur und Dynamik von Festkörpern. Mit seiner Hilfe lässt sich z.B. eine hochempfindliche „Radarfalle“ bauen, mit der man die Geschwindigkeit der Bewegung von Atomen in Materie messen kann. Oder man kann damit ein Mikroskop realisieren, das atomar scharfe Blicke auf die magnetische Struktur von neuen magnetischen Speicher-materialien für die nächste Generation von Festplatten erlaubt.
Dieses Potenzial wurde auch von dem Hamburger Professor Erich Gerdau erkannt, der 1985 erstmalig den Mössbauer-Effekt im Synchrotronlicht bei DESY beobachtet und damit ein neues Forschungsgebiet mit ganz neuen Anwendungsmöglichkeiten eröffnet hat. Seit diesen ersten Experimenten in Hamburg hat das Gebiet der Synchrotron-Mössbauer-Spektroskopie dann schnell weltweite Verbreitung gefunden und bringt heute immer noch brillante Erkenntnisse in allen Disziplinen der Naturwissenschaften hervor. Insbesondere mit den bei PETRA III bei DESY und am künftigen Europäischen XFEL zur Verfügung stehenden hochbrillanten Röntgenstrahlen wird es möglich sein, Licht auf viele noch ungeklärte Fragen in der Grundlagenforschung und den angewandten Wissenschaften zu werfen oder auch ganz neue Entdeckungen zu machen. Dies könnten neue Erkenntnisse sein, die z.B. den Kalium-Stoffwechsel in Zellen und Nervenfasern betreffen und eines Tages vielleicht dazu beitragen, neue Medikamente zu entwickeln.
„Die Mössbauer-Spektroskopie mit Synchrotronstrahlung ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die Strahlkraft einer Entwicklung, die von einer Hamburger Forschungseinrichtung ausgegangen ist, weltweit von vielen Forschergruppen genutzt wird und heute sowie in der Zukunft bei DESY in Hamburg weiter entwickelt und damit wieder zu ganz neuen Anwendungen geführt wird“, sagt Prof. Ralf Röhlsberger, Co-Organisator der ICAME 2015-Konferenz. „Mit den Hamburger Röntgenlichtquellen wie PETRA III und insbesondere dem European XFEL lassen sich z.B. schnell ablaufende dynamische Prozesse mit höchster räumlicher Auflösung verfolgen.“
Ein großer Teil dieser Forschergemeinde auf dem Gebiet der Mössbauerspektroskopie wird auf der ICAME 2015 in Hamburg erwartet. Gleichzeitig markiert das Jahr 2015 den 30sten Jahrestag der Mössbauerspektroskopie mit Synchrotronstrahlung, den fünften Jahrestag der Anwendung dieser Methode bei PETRA III sowie – nicht zuletzt – den 80sten Geburtstag des Pioniers dieser Methode, Prof. Dr. Erich Gerdau, der bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000 Professor für Experimentalphysik an der Universität Hamburg war.
Mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 41 Nationen wird Hamburg für eine Woche zum weltweiten Mittelpunkt dieser einzigartigen Messmethode.