URL: https://www.desy.de/aktuelles/news_suche/index_ger.html
Breadcrumb Navigation
DESY News: DESY-Wissenschaftler gewinnt den Nachwuchswettbewerb „Fusiontalente“
News-Suche
Meldungen vom Forschungszentrum DESY
DESY-Wissenschaftler gewinnt den Nachwuchswettbewerb „Fusiontalente“
Marcus Seidel, Fachgruppenleiter bei DESY und dem Helmholtz-Institut Jena, zählt zu den sechs Gewinnern des vom Bundesforschungsministerium für 2024 ausgeschriebenen Nachwuchswettbewerbs „Fusionstalente“. Sein vorgeschlagenes Projekt mit dem Kurznamen „IGNYTe“ überzeugte die Jury aus international renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Bereich der Kernfusionsforschung. Daher fördert das Bundesministerium IGNYTe in den nächsten fünf Jahren und ermöglicht Marcus Seidel, ein Wissenschaftsteam aufzubauen und grundlegende Forschung im Bereich der Lasertechnologie durchzuführen, die wegbereitend für die Entwicklung von Trägheitsfusionskraftwerken sein sollen.

DESY-Forscher Marcus Seidel leitet das IGNYTe-Projekt. Foto: DESY, Marta Mayer
Mit dem „Förderprogramm Fusion 2040“ beginnt in Deutschland eine neue Ära der Kernfusionsforschung: Zusätzlich zur bisher betriebenen Forschung der Magnetfusion wird jetzt auch die Erforschung der Laser-basierten Trägheitsfusion gefördert. Während in der Magnetfusion ein Plasma durch starke Magnetfelder eingeschlossen wird, erzeugt man bei der Laserfusion durch Einstrahlung hochenergetischer Laserpulse für kurze Zeit einen Zustand, in dem Fusion möglich ist. Im Dezember 2022 gelang an der „National Ignition Facility“ in Livermore, Kalifornien, ein Durchbruch bei dieser Laserfusion: Erstmals wurde in der Fusion von leichtem Wasserstoff zu schwererem Helium mehr (Bewegungs-)Energie erzeugt als an (optischer Laser-)Energie aufs Fusionstarget geschossen wurde.
Dieser Energieüberschuss ist allerdings nur vorhanden, wenn man nur die direkt eingestrahlte Laserenergie zählt und den Energieverbrauch des gesamten Treibersystems vernachlässigt. Für ein Fusionskraftwerk ist jedoch die Bilanz zwischen eingehender elektrischer Leistung, die z.B. zum Betreiben der Laser oder der Kühlung notwendig ist, und ausgehender elektrischer Leistung entscheidend. Um eine positive Gesamtbilanz zu erreichen, gibt es noch eine Vielzahl von physikalischen und technischen Herausforderungen, bei deren Bewältigung die Maximierung der Effizienz vieler Prozessschritte eine ganz zentrale Rolle spielt.
IGNYTe wird wegweisende Forschung in dieser Richtung betreiben. Zum einen soll eine bei DESY im Team von Franz Kärtner und Mikhail Pergament entwickelte Lasertechnologie auf ihre Tauglichkeit für die Anforderung der Fusionslaser untersucht werden. Mehrere grundlegende Eigenschaften des Lasermaterials sind bestens für das Betreiben von effizienten Hochenergielasern geeignet. Nun soll gezeigt werden, dass diese Vorteile praktisch genutzt werden können und dass die erzeugte Strahlung so geformt werden kann, um die komplexen Wasserstoffkompressionsvorgänge zu ermöglichen, die für das Starten der Kernschmelze notwendig sind.
Die Kompression des Fusionstargets selbst kann auch deutlich effizienter gestaltet werden, als das bei den erfolgreichen Experimenten an der National Ignition Facility geschehen ist. Hier wurde nämlich die Leistung des Laserstrahls nur indirekt auf die die Kapsel mit dem Fusionstreibstoff übertragen. Durch diese indirekte Vorgehensweise können effektiv etwa 10 Prozent der Laserstrahlung zum Starten der Kernschmelze genutzt werden. Durch eine direkte Kompression mittels Laserstrahlung hingegen sind Kopplungseffizienzen von 60 – 70 Prozent möglich. Dieser entscheidende Vorteil ist aber nicht ohne Weiteres zu erreichen, denn Wechselwirkungen der intensiven Laserstrahlung und dem entstehenden Plasma haben zur Folge, dass die notwendigen Temperaturen und Wasserstoffdichten für die Kernschmelze nicht erreicht werden. Um solche destruktiven Wechselwirkungen zu vermeiden, will man die Trägheit des Plasmas nutzen.
Hierfür muss man die Eigenschaften der Laserstrahlung noch während der Einstrahlung ändern, bevor im Fusionsplasma Schwingungen entstehen, die die Erhitzung behindern. Für solch schnelle Änderungen von Strahlungseigenschaften muss das Laserlicht eine große spektrale Bandbreite aufweisen, für eine effektive Kopplung der Strahlung ans Fusionstarget wird ultraviolette Strahlung benötigt. IGNYTe will ein effizientes und belastbares Konzept für die Erzeugung von der hierfür erforderlichen hochenergetischen, breitbandigen Ultraviolettstrahlung entwickeln. Die in den letzten Jahren bei DESY, unter anderem vom Projektleiter Marcus Seidel entwickelten Multipass-Zellen, die zur verlustarmen Erzeugung breitbandiger Strahlung dienen, bekommen so neue Anwendungsmöglichkeiten für die Fusionslasertechnologie.
Am jetzt beginnenden Projekt IGNYTe beteiligen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von DESY sowie Partner vom „Laboratory for Laser Energetics“ in Rochester, New York, vom „Center for Physical Sciences and Technology“ in Vilnius, Litauen, und vom Hamburger Startup-Unternehmen „n2-Photonics“.