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DESY News: Mit der 'gravity cavity' auf der Suche nach Gravitationswellen
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Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Mit der 'gravity cavity' auf der Suche nach Gravitationswellen
Dass Forschungsequipment in Vitrinen und Ausstellungsräumen landet, kommt recht häufig vor: ausrangierte Prototypen, besonders attraktive Teilchendetektoren oder innovative Neuentwicklungen helfen beim Erklären der Wissenschaft und sind technologische Zeitzeugen. Dass hingegen Ausstellungsobjekte von der Vitrine wieder ins Forschungszentrum wandern, kommt eher selten vor. Bei DESY hat allerdings vor kurzem so ein Ausstellungsobjekt sein zweites Leben begonnen: eine bisher in Genua ausgestellte Cavity (ein Hohlraumresonator, der eigentlich zur Teilchenbeschleunigung benutzt wird) soll jetzt helfen, Gravitationswellen und Axionen zu finden.
Neues Leben für ein Ausstellungsstück: Krisztian Peters, Marc Wenskat (beide DESY) und Bianca Giaccone (FNAL) wollen mit Hilfe von Cavities Gravtiationswellen messen. Bild: DESY, Krisztian Peters
Aber es gibt noch eine andere Art, wie man Gravitationswellen in anderen Wellenlängenbereichen nachweisen könnte: mit Hilfe von Cavities. Hier sind es nicht Interferenzen, sondern Frequenzverschiebungen, die eine vorbeiziehende Gravitationswelle aufzeichnen sollen. Ein vor einigen Jahren veröffentlichtes wissenschaftliches Paper hat eine kleine Renaissance in diesem vergessenen Forschungsbereich hervorgerufen, dessen Ansatz vor 20 Jahren noch als vielversprechendste Art des Nachweises galt.
Sowohl Forschende von DESY und der Universität Hamburg als auch vom Forschungszentrum Fermilab in den USA interessierten sich plötzlich für die einst von der italienischen Forschungsorganisation INFN in Zusammenarbeit mit dem CERN für diesen Zweck hergestellte Cavity. Beschleunigerphysiker Marc Wenskat und Experimentalphysiker Krisztian Peters leiten das Projekt zusammen. „Wir haben in Genua nachgefragt, ob wir die Cavity nutzen dürften, und unabhängig von uns hat sich zur gleichen Zeit Fermilab auch dort gemeldet“, erzählt Wenskat. „So haben wir dann eine Kollaboration aus DESY, Uni Hamburg und Fermilab gebildet, bei der nicht nur Beschleunigerentwicklung und Teilchenphysik, sondern auch Theorie und Astrophysik wichtige Rollen spielen.“ In einem ersten Schritt zu einem ganz neuen Experiment haben sie zunächst die Ausstellungscavity repariert und vermessen.

Schritt 1: die genaue Vermessung der Cavity
Dafür hat das Team sie zunächst einmal von ihren Transportschäden befreit und dann mechanisch vermessen und „gestimmt“, also in eine Form gebracht, die optimal auf die Frequenz eingestellt ist, die in der Cavity gehalten werden soll. „Man lernt nie mehr über ein System als wenn es nicht funktioniert“, sagt Wenskat. Bei dieser Cavity hat das DESY-Team – momentan bestehend aus den beiden Projektleitern, drei Doktoranden und Expert:innen aus verschiedenen Gruppen bei DESY – in zwei Jahren ausgesprochen viel über das System gelernt.
So viel, dass es bereit war für den zweiten Schritt: weitere Messungen und Anpassungen bei sehr niedrigen Temperaturen. Diese Tests wurden am Fermilab durchgeführt. Jetzt ist die Cavity wieder in Hamburg, damit in ein bis zwei Jahren die ersten wissenschaftlichen Messungen gemacht werden können. „Man soll ja niemals nie sagen, aber wir erwarten nicht, dass wir mit diesem System Gravitationswellen oder Axionen, auf die es auch sensitiv ist, sehen werden“, so Peters. „Diese Messungen werden aber trotzdem von großer Bedeutung für das Fernziel sein.“
Das Fernziel ist ein ganz neues Experiment: eine eigens angefertigte neue Cavity in einem eigenen Kryostaten, eine Art großer, ultrakalter Kühlschrank, die dann die Suche nach Gravitationswellen noch effizienter angehen kann. Alle Messungen und Tests an dem ehemaligen Ausstellungsmodell sind Schritte auf dem Weg zu „SHOGWAVE“ („Superconducting cavities for the observation of gravitational waves“). So heißt das Experiment, das das Team gern in einigen Jahren auf dem DESY-Campus in Betrieb nehmen möchte.
Originalveröffentlichung:
Lars Fischer et al., First characterisation of the MAGO cavity, a superconducting RF detector for kHz–MHz gravitational waves. Classical and Quantum Gravity May 202542(11)