DESY News: Umweltbewusst forschen: Erster Workshop zu kritischen Materialien bei DESY

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16.02.2023
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Umweltbewusst forschen: Erster Workshop zu kritischen Materialien bei DESY

Wie passen die Begriffe Ressourcenschutz und Magnete unverhohlen in einen Satz? Wie steht es um das Recyclingpotenzial von Permanentmagneten? Und: Ist ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement für Magnete und die Zertifizierung von kritischen Materialien möglich? Große Fragen, über deren realistische Lösungsansätze während eines 3-Tage-Workshops im Rahmen des Projekts I.FAST (Innovation Fostering in Accelerator Science and Technology) bei DESY diskutiert wurden.

Neue Ideen, progressive Perspektiven: „Critical Materials and Life Cycle Management: The Example of Rare Earths – curse or blessing?” war der Titel des ersten von DESY initiierten Workshops dieser Art; mit mehr als 50 internationalen Gästen. Darunter der englische Permanentmagnete-Experte Ben Shepherd, Forschende und Fachleute von Großforschungszentren und Universitäten, Recycling- und Zertifizierungs-Vorreiter, Magneteherstellerinnen und -hersteller sowie Vertreter vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.

Um das Ergebnis vorwegzunehmen: „Das Bewusstsein ist geschaffen. Der Wille zum nachhaltigeren Umgang mit Permanentmagneten in der Forschung auch“, sagte Denise Völker, Leiterin von DESYs Stabsstelle Nachhaltigkeit und Initiatorin des Workshops, der mit Mitteln aus dem EU-Programm Horizon 2020 gefördert wurde. Und: „Als Forschungszentren müssen wir zukünftig gemeinsam handeln!“

Zum Hintergrund: Der weltweite Bedarf an Magneten (z.B. für die Autoindustrie, Windturbinen, Computer und Handys) wird in den kommenden Jahren signifikant steigen. Auch Großforschungszentren wie DESY setzen beim Betrieb der Beschleuniger Magnete ein. Um den Energieverbrauch der Großgeräte zu minimieren, geht der Trend von Elektromagneten zu Permanentmagneten; auch bei DESY. Deren Nachteile: Sie enthalten Seltene Erden, die größtenteils aus China importiert werden und mit massiven ökologischen und sozialen Problemen behaftet sind. Gleiches gilt für das Element Cobalt, dessen Förderung unter diesen Aspekten ebenfalls höchst kritisch gesehen wird.

„Wir als Wissenschaftler:innen haben eine soziale Verantwortung. Und Workshops wie diese helfen, richtige Entscheidungen zu treffen“, sagte DESYs Beschleunigerdirektor Wim Leemans zu Beginn der Veranstaltung. Mögliche Lösungswege: Recycling und die Schaffung nachhaltiger Lieferketten für Permanentmagnete.

Jürgen Gassmann vom Fraunhofer IWKS verwies auf momentane Probleme beim Magnete-Recycling: Zum einen seien Magnete meist zu kompliziert verbaut, zum anderen sei es wirtschaftlich noch unrentabel, weil zu wenig recyclefähiges Material zur Verfügung stünde. Carlo Burkhardt von der Hochschule Pforzheim ergänzte, es sei aktuell billiger, neue Rohstoffe aus China zu importieren, und forderte in der Diskussion, Recycling in der Produktion mitzudenken.

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Die internationalen Expertinnen und Experten trafen sich für drei Tage bei DESY. Foto: DESY, Marta Mayer
Kurzfristig vielversprechender sind hingegen Fortschritte in den Zertifizierungsprozessen: „Bis jetzt gibt es noch kein umfassendes System, mit dem man die Nachhaltigkeitsrisiken in der Seltenerdlieferkette – vom Bergbau bis zur Magnetherstellung – zertifizieren kann“, sagte Martin Erdmann von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, Hannover. „Die europäischen Beschleunigerzentren können aber ihren Beitrag leisten, indem sie diese Prozesse in Pilotprojekten gemeinsam vorantreiben.“ Ansporn für Denise Völker: „Wir bei DESY wollen Zertifizierungs-Kriterien über die Nachhaltigkeit der Lieferketten in zukünftige Ausschreibungen für alle Arten von Magneten mit aufnehmen.“ Völker ergänzt: „Ressourcen- und Umweltschutz bei Magneten wird uns vor allem im Hinblick auf die Entwicklung des einzigartigen 3D-Röntgenmikroskops PETRA IV bei DESY mehr und mehr beschäftigen.“ Und noch eine Erkenntnis dieses Workshops: „Wir müssen Wissenschaftler:innen weiter sensibilisieren und werden das Kriterium der Recyclingfähigkeit in Forschungsprojekten selbst noch stärker pushen.“