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DESY News: Unterirdische Ozeane lösen den Gesteinsboden von Wasserplaneten
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Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Unterirdische Ozeane lösen den Gesteinsboden von Wasserplaneten
Die unterirdischen Ozeane großer Wasserplaneten lösen Minerale der Gesteinskruste auf. Bei hohen Drücken und Temperaturen, wie sie für solche Planeten typisch sind, spült das Wasser Magnesium aus den Mineralen, wie Hochdruckexperimente eines Teams um Taehyun Kim von der Yonsei-Universität in Südkorea unter anderem an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III zeigen. Die Forscherinnen und Forscher berichten im Fachblatt „Nature Astronomy“ über ihre Untersuchungen, die auch Bedeutung für unser Bild von der Entwicklungsgeschichte der Planeten Uranus und Neptun in unserem Sonnensystem haben.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler schufen dafür Bedingungen, wie sie am Boden tiefer Ozeane in der Klasse der Sub-Neptun-Wasserplaneten herrschen. Bei Drücken zwischen 20 und 40 Gigapascal, das entspricht dem 200.000- bis 400.000fachen Atmosphärendruck, und Temperaturen oberhalb von 1230 Grad Celsius wäscht das Wasser demnach erhebliche Mengen Magnesiumoxid (MgO) aus den typischen Gesteinsmineralen Ferroperiklase (Mg,Fe)O und Olivin (Mg,Fe)2SiO4 aus. Diese Entdeckung hat auch direkte Konsequenzen für die Vorstellung von der Evolution großer Eisplaneten wie Uranus und Neptun in unserem Sonnensystem.
„Für die Versuche wurden winzige Ferroperiklase- oder Olivin-Kügelchen mit Wasser in kleine Probenkammern von weniger als einem Millimeter Größe eingeschlossen und zwischen zwei hochfesten Stempeln einer sogenannten Diamantstempelzelle zusammengepresst“, berichtet Kim. „Geheizt wurden diese Proben mit einem Infrarotlaser durch die Diamantstempel hindurch.“ Mit Hilfe der Röntgenstrahlung ließ sich beobachten, wann ein Mineral durch die Wechselwirkung mit dem Wasser zu zerfallen begann. Das Kristallgitter jedes Minerals erzeugt ein charakteristisches Streubild im Röntgenlicht. Ein plötzlicher Rückgang dieses charakteristischen Musters kündigt den Zerfall eines Minerals an. Gleichzeitig lässt sich so die Entstehung neuer Verbindungen beobachten, in diesem Fall etwa von Brucit (Magnesiumhydroxid).

Schnitt durch einen typischen Eisplaneten. Bild: GFZ, Sergio Speziale
Die Beobachtungen sind nicht nur für die Erforschung von Planeten unseres Sonnensystems von Bedeutung, sondern auch für sogenannte Exoplaneten jenseits unseres Systems. „Die intensive Auswaschung von Magnesiumoxid an der Grenzfläche zwischen dem Wasser und dem darunterliegenden Gesteinsmantel könnte in wasserreichen Exoplaneten entsprechender Größe und chemischer Zusammensetzung wie etwa TRAPPIST-1f eine chemische Schichtung mit verschwommenen Grenzen erzeugen“, erläutert Lee. „Im Fall großer Eisplaneten wie Uranus könnten die Spuren anfänglicher, relativ geringer Wechselwirkungen zwischen Wasser und Gestein während der frühen, heißen Phase der Planetenentstehung ebenfalls metastabil über Milliarden von Jahren im obersten, wasserreichen Mantel erhalten bleiben und seine ungewöhnlich geringe Oberflächenleuchtkraft erklären.“
An der Studie waren Forscherinnen und Forscher der Yonsei-Universität, der Universität Chicago, der Universität von Illinois, dem Geoforschungszentrum Potsdam (GFZ), der Arizona State University und von DESY beteiligt. Die Arbeit ist Teil des „Early Science“-Programms am Zentrum für Molekulare Wasserforschung CMWS, das zurzeit bei DESY aufgebaut wird, und verbunden mit einem Langzeitprojekt von Yongjae Lee an der Messstation für Extrembedingungen P02.2 an PETRA III.
Originalveröffentlichung:
Atomic-scale mixing between MgO and H2O in the deep interiors of water-rich planets; Taehyun Kim, Stella Chariton, Vitali Prakapenka, Anna Pakhomova, Hanns-Peter Liermann, Zhenxian Liu, Sergio Speziale, Sang-Heon Shim, and Yongjae Lee; „Nature Astronomy“, 2021; DOI: 10.1038/s41550-021-01368-2