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DESY News: Abkürzung zu vielversprechenden Hochdruck-Materialien
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Meldungen vom Forschungszentrum DESY
Abkürzung zu vielversprechenden Hochdruck-Materialien
Eine internationale Forschungsgruppe hat am Röntgenlaser European XFEL einen neuen Aufbau für Hochdruck- und Hochtemperaturexperimente in Betrieb genommen, die sogenannte Diamantstempelzellen verwenden. Dabei entdeckten die Forscherinnen und Forscher einen neuen, deutlich schnelleren Weg zur Produktion von Eisennitrid, einem vielversprechenden Material für Datenspeicher und andere Anwendungen. Über ihre Ergebnisse berichten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in zwei Fachpublikationen.

Blick in die Experimentierkammer am High-Energy-Density-Instrument des European XFEL. Bild: European XFEL
In ihrer Arbeit verfolgten die Forscherinnen und Forscher die Reaktion einer Eisenfolie mit Stickstoff bei 50.000-fachem Atmosphärendruck und unter Beschuss mit den intensiven Röntgenblitzen des European XFEL. Den Hochdruck erzeugte eine Diamantstempelzelle, in der ultraharte Stempel aus Diamant die Probe während der Experimente extrem zusammendrücken, die Röntgenblitze heizten das Material extrem auf. „Wir schätzen, dass die Probe je nach Leistung und Wiederholrate der Röntgenpulse bis zu 5400 Grad Celsius heiß geworden ist“, sagt Hauptautorin Huijeong Hwang. „Die Röntgenpulse dienen dabei sowohl zur Initiierung als auch zur Untersuchung der chemischen Reaktion.“
Unter den richtigen Pulsbedingungen bildete sich ein Eisennitrid mit der Bezeichnung ε-Fe3N1.33. „Das Produkt, homogenes Eisennitrid, entstand in einigen Hunderten Nanosekunden, was höchst ungewöhnlich ist“, betont Ko-Autor und Hochdruckphysiker Hanns-Peter Liermann von DESY. „Normalerweise diffundiert atomarer Stickstoff in festes Eisen mit Reaktionszeiten von Hunderten Sekunden, um Eisennitridschichten zu bilden, und in beheizten Diamantstempelzellen bildet sich Di-Eisennitrid Fe2N auf ähnlichen Zeitskalen.“ Eine Nanosekunde ist eine milliardstel Sekunde. Der neue Weg ist demnach also etwa eine Milliarde Mal schneller.

„Die systematische Erforschung der chemischen Reaktivität bei extremen Drücken über ein breites Spektrum von Reaktanten mit unterschiedlichen Ordnungszahlen und Temperaturen wird voraussichtlich zur Entdeckung von bisher unbekannten Produktionswegen führen, nicht nur für industriell relevante Verbindungen, sondern auch für Verbindungen, die zum Beispiel für das Verständnis der Chemie astrophysikalischer Objekte und Prozesse von Bedeutung sind“, erklärt Mitautor Valerio Cerantola, lokaler Kontakt für das Experiment und Wissenschaftler in der HED-Gruppe bei European XFEL.
Das Experiment ist nur eines aus einer Serie neuer statischer Hochdruckexperimente, die eine internationale Gruppe von mehr als 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 22 Institutionen unter der Leitung von Stewart McWilliams von der Universität Edinburgh am European XFEL durchgeführt hat. Mit diesen Experimenten hat das Team den neuen Aufbau für statische Hochdruckexperimente mit Diamantstempelzellen in Betrieb genommen, der vom Konsortium „Helmholtz International Beamline for Extreme Fields (HIBEF)“ speziell für das High Energy Density (HED) Instrument am European XFEL entwickelt worden war, um extreme Druck- und Temperaturbedingungen mit der beispiellosen Zeitauflösung des Röntgenlasers zu erforschen. Die Gruppe beschreibt die Konzepte für die Forschung mit diesem neuartigen Versuchsaufbau im „Journal of Synchrotron Radiation“.
DESY gehört zu den Gründungsinstitutionen von HIBEF, das vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) geleitet wird. Der Röntgenlaser European XFEL in der Metropolregion Hamburg ist eine internationale Forschungseinrichtung und wird vom größten Linearbeschleuniger der Welt angetrieben. Die unterirdische Anlage beginnt bei DESY und führt bis ins 3,4 Kilometer entfernte Schenefeld in Schleswig-Holstein. DESY ist der Hauptgesellschafter der gemeinnützigen European XFEL GmbH. Derzeit haben 12 Länder die European-XFEL-Konvention unterzeichnet: Dänemark, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Slowakei, Spanien, Ungarn und das Vereinigte Königreich.
Fachpublikationen:
X‐ray Free Electron Laser-Induced Synthesis of ε‐Iron Nitride at High Pressures; Huijeong Hwang et al.; „Journal of Physical Chemistry Letters“, 2021; DOI: 10.1021/acs.jpclett.1c00150
Novel experimental setup for megahertz X-ray diffraction in a diamond anvil cell at the High Energy Density (HED) instrument of the European X-ray Free-Electron Laser (EuXFEL); Hanns-Peter Liermann et al.; „Journal of Synchrotron Radiation“, 2021; DOI: 10.1107/S1600577521002551