DESY News: Theorie-Projekt „colorfree“ – alles andere als farblos

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10.12.2020
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Theorie-Projekt „colorfree“ – alles andere als farblos

DESY-Theoretiker Frank Tackmann gewinnt ERC-Consolidator Grant

Frank Tackmann, Forscher in der DESY-Theoriegruppe, hat einen der prestigeträchtigen "ERC Consolidator Grants" gewonnen, die jedes Jahr vom Europäischen Forschungsrat (ERC) vergeben werden. Tackmann wird ein Theorie-Team zusammenstellen, um präzise Vorhersagen über eine bestimmte Art von Kollisionen am Large Hadron Collider LHC am CERN in Genf zu machen. Diese werden besonders nützlich für den kommenden LHC-Upgrade sein, nach dem der LHC eine viel höhere Anzahl von Kollisionen erzeugen wird und damit die Möglichkeit bietet, physikalische Phänomene viel genauer zu untersuchen.

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DESY-Theoretiker Frank Tackmann. Bild: DESY
Die Förderung von zwei Millionen Euro beginnt im Sommer 2021 und hat eine Laufzeit von fünf Jahren. Zusammen mit drei Post-Docs und drei Doktorierenden wird Tackmann tief in die theoretischen Vorhersagen eintauchen und sie dabei zum ersten Mal in eine globalen Kontext bringen – eine der Spezialitäten dieser Arbeitsgruppe. Experimentalphysiker:innen können diese dann nutzen, um am LHC noch präzisere Messungen durchzuführen. 

Wenn Protonen im LHC miteinander kollidieren, entstehen bei diesen Kollisionen viele Teilchen. Diese Teilchen treten miteinander in Wechselwirkung oder zerfallen und erzeugen weitere Teilchen, alles innerhalb winziger Sekundenbruchteile, bis sie nicht mehr zerfallen können. Dies nennt man dann ihren "Endzustand". Tackmanns Gruppe wird sich mit einer bestimmten "farblosen" Art von Endzustand befassen. 

In der Physik werden die Eigenschaften von Teilchen mit einer Reihe von Attributen beschrieben, zum Beispiel Ladung oder Masse. Quarks, die Bestandteile der Protonen aus den Kollisionen, haben ein zusätzliches Attribut: Farbe. Quarks unterliegen der starken Kernkraft und ihre Farbe kann rot, grün oder blau sein. Wenn die kollidierenden Quarks zufällig genau die richtigen Farben haben, können sie andere Teilchen erzeugen, die überhaupt keine Farbe haben. Solche farblosen Zustände sind z.B. das Higgs-Teilchen, die W- und Z-Teilchen, Träger der schwachen Kraft, oder die schwer fassbaren Teilchen aus dunkler Materie,  nach denen die Teilchenphysiker:innen in den Kollisionen suchen. Und während es für diese Kollisionen bereits theoretische Vorhersagen gibt, will Tackmann deren "theoretische Unsicherheit" - ein Parameter, der die Präzision einer Vorhersage beschreibt - deutlich verbessern, wodurch die Vorhersagen bis zu zehnmal stärker werden.

Vergleicht man diese Vorhersagen dann mit den experimentellen Daten aus den Kollisionen am LHC, lassen sich fundamentale Parameter von Teilchen und Kräften mit höchstmöglicher Präzision bestimmen - und die genaue Kenntnis dieser Parameter bedeutet, dass Abweichungen in ihnen auf Prozesse hinweisen könnten, die jenseits der derzeit bekannten Teilchen und Wechselwirkungen liegen. 

Die ERC Consolidator Grants werden an herausragende Forscher mit mindestens sieben und bis zu zwölf Jahren Erfahrung nach der Promotion vergeben. Die Förderung von bis zu zwei Millionen Euro pro Grant ist für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren vorgesehen und deckt zumeist die Beschäftigung von Forschenden und Doktorierenden ab. 

Frank Tackmann hat theoretische Physik an der TU Dresden und der University of California in Berkeley studiert, wo er auch promovierte. Anschließend arbeitete er als Postdoktorand am MIT, wo er begann, die Grundlagen für seine Vorhersagen zu legen. Er kam 2011 als Leiter einer Emmy-Noether-Forschungsgruppe zu DESY und ist seit 2015 fester Mitarbeiter.