DESY News: Schlauer beschleunigen mit künstlicher Intelligenz

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06.11.2020
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Schlauer beschleunigen mit künstlicher Intelligenz

Neues DESY-KIT-Projekt erforscht autonome Teilchenbeschleuniger

Teilchenbeschleuniger sind universelle Werkzeuge: Sie helfen in der Wirtschaft bei Produktionsprozessen, in Krankenhäusern bei der Tumortherapie und ermöglichen in der Forschung einzigartige Entdeckungen und Erkenntnisse. Wachsende Anforderungen an die Stabilität und Eigenschaften der Teilchenstrahlen machen den manuellen Betrieb der komplexen Geräte immer anspruchsvoller – und verlangen nach einer möglichst hohen Automatisierung zur Unterstützung der Operateure.

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Am ARES-Beschleuniger bei DESY will das Forschungsteam Erfahrungen mit einem autonomen Betrieb sammeln (Foto: DESY/F. Burkart).
Ein neues Projekt von DESY und dem KIT (Karlsruher Institut für Technologie) nimmt jetzt den Anlauf, erste Schritte zu einem vollautonom betriebenen Beschleuniger zu unternehmen. Die Kooperation „Autonomous Accelerator“, die von der Helmholtz-Gemeinschaft sowie den beiden beteiligten Helmholtz-Forschungszentren im Rahmen der „Helmholtz Artificial Intelligence Cooperation Unit“ getragen wird, bringt dafür „verstärkendes Lernen“ (Reinforcement Learning) in den Betrieb zweier Linearbeschleuniger bei DESY und am KIT. Bei verstärkendem Lernen wird durch das Messen von Zustandswerten und das Verstellen von Regelgrößen deren Einfluss aufeinander bestimmt und so eine Regelstrategie gelernt, die auch ihre Auswirkungen in der Zukunft berücksichtigt. Hierdurch kann auf lange Sicht manuelles Eingreifen vollständig ersetzt werden.

„Die wichtige Eigenschaft von verstärkendem Lernen ist, dass die Regelung nicht nur reagiert, sondern in die Zukunft plant, wie ein Ziel zu erreichen ist“, erklärt Annika Eichler von DESY, die das Gesamtprojekt koordiniert. „Hierfür kann die Regelung auf Basis der bisher gesammelten Informationen entscheiden, muss allerdings auch genügend Spielraum zur Verfügung haben, um sich in bisher unbekanntem Terrain quasi neue Regelungsregionen ‘erobern’ zu können.“ Langfristiges Ziel des Forschungsteams ist es, einen Beschleuniger vollautonomzu betreiben. Doch zuerst einmal konzentriert sich das Team auf die Regelung der Dichte, in der die Elektronen entlang der beschleunigten Pakete verteilt sind. Außer der Länge dieser Elektronenpakete, die teilweise in weniger als einer Femtosekunde am Messgerät vorbeigeflogen sind, machen insbesondere Aufschaukelungseffekte in den Teilchenpaketen die Regelung dieser Größe sehr anspruchsvoll; eine autonome Steuerung ist für eine effiziente und schnelle Optimierung daher unerlässlich.

Für ihre Experimente nutzt das Forschungsteam die Testbeschleuniger ARES (Accelerator Research Experiment at SINBAD) bei DESY und FLUTE (Ferninfrarot Linac- und Test-Experiment) am KIT. Beide Anlagen stehen im Rahmen des Programms „Matter and Technologies“ für die Beschleunigerforschung zur Verfügung und bieten ausreichend Testzeiten, um solche Algorithmen zu entwickeln.

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Der Beschleuniger FLUTE steht am KIT (Foto: KIT).
„Durch die Nutzung zweier ähnlicher, kompakter, aber nicht gleicher Beschleuniger für die Entwicklung unserer künstlichen Intelligenz sammeln wir wertvolle Erfahrungen zur Übertragbarkeit unserer Algorithmen auf andere und größere Beschleuniger“, sagt Erik Bründermann, Projektleiter am KIT.

Diese sind wichtig, um solche Algorithmen später auch für komplexe Nutzer-Maschinen wie FLASH und European XFEL einsetzen zu können.