DESY News: Schnellste Kamera für weiche Röntgenstrahlung am European XFEL installiert

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08.07.2019
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Schnellste Kamera für weiche Röntgenstrahlung am European XFEL installiert

Internationales Konsortium entwickelt maßgeschneiderten Detektor für europäischen Röntgenlaser

Ein internationales Konsortium hat für den europäischen Röntgenlaser European XFEL die schnellste Kamera der Welt für weiche Röntgenstrahlung gebaut. Der DSSC-Detektor schießt 800 Bilder in knapp 200 millionstel Sekunden und kann so mit der schnellen Folge von Röntgenblitzen mithalten, mit denen Forscher am European XFEL die unterschiedlichsten Materialproben in atomarer Genauigkeit analysieren. Die Megapixel-Kamera kann dabei noch einzelne Röntgenlichtteilchen nachweisen.

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Der DSSC-Detektor besitzt insgesamt 32 Sensormodule mit jeweils 256x128 Pixeln. Bild: DESY, Karsten Hansen
Der European XFEL liefert 27 000 Röntgenblitze pro Sekunde. Sie kommen in zehn Pulszügen mit je 2700 Blitzen. Innerhalb der Pulszüge blitzt es alle 220 Nanosekunden (milliardstel Sekunden). Detektoren, die in dieser Geschwindigkeit Aufnahmen schießen, gibt es nicht von der Stange zu kaufen. Daher haben sich vor zehn Jahren mehrere internationale Institutionen zusammengetan, um eine maßgeschneiderte Röntgenkamera zu entwickeln. Partner in dem Konsortium sind die Universität Heidelberg, das Politecnico di Milano, die Universität Bergamo, European XFEL und DESY, wo zentrale Elektronikkomponenten sowie das Detektorgehäuse entwickelt worden sind.

Die rasante Bildfolge der Röntgenkamera ist nur möglich, indem die Bilder direkt in jedem einzelnen Pixel zwischengespeichert werden, bevor sie ausgelesen werden. „Die digitale Zwischenspeicherung ließ sich erst realisieren, indem in jedem Pixel ein Analog-Digital-Wandler integriert worden ist, den wir speziell für diese Röntgenkamera entwickelt haben“, erläutert Karsten Hansen, Leiter der Mikroelektronikentwicklung bei DESY. Der Detektor kann auf diese Weise 800 Röntgenbilder in jedem Pulszug aufnehmen. Das ist zurzeit Weltrekord. Damit liefert die Megapixel-Röntgenkamera rund ein halbes Terabyte Daten pro Minute, das entspricht etwa 100 DVDs.

Nach zehn Jahren Entwicklungs- und Bauzeit konnte der DSSC-Detektor kürzlich erfolgreich in Betrieb genommen werden. „Dies ist eine fantastische Leistung in Bezug auf die Detektorentwicklung und eröffnet der Photonen-Wissenschaftsgemeinschaft einzigartige Möglichkeiten“, betont Projekt- und Konsortialleiter Matteo Porro von European XFEL. „Mit dem DSSC-Detektor haben wir gezeigt, dass es möglich ist, einzelne Photonen im weichen Röntgenbereich mit der sehr hohen Pulswiederholrate des European XFEL abzubilden.“

Streubild einer Lochblende, aufgenommen mit weicher Röntgenstrahlung während der Inbetriebnahme des DSSC-Detektors an der SCS-Messstation des European XFEL. Bild: European XFEL
Bei DESY wurden außer den Analog-Digital-Wandlern fast alle elektronischen Baugruppen des Kamerakopfes entwickelt, die sich durch besondere Kompaktheit auszeichnen. Zudem wurde der Kamerakopf im DESY-Mikroelektroniklabor montiert, bevor er mit den übrigen Komponenten in das von der DESY-Detektorgruppe entwickelte Gehäuse integriert wurde. „Nach Jahren des Designs und der Entwicklung war es toll zu sehen, wie die einzelnen Detektorkomponenten im vergangenen Jahr beim European XFEL zu einer Kamera zusammen gebaut wurden“, sagt der Leiter der Detektorgruppe bei European XFEL, Markus Kuster.

Die sechs Messstationen des European XFEL sind auf verschiedene Analysen spezialisiert und nutzen dafür Röntgenblitze mit unterschiedlichen Eigenschaften. Der DSSC-Detektor (DePFET Sensor with Signal Compression) wurde für die Messstation SCS (Spectroscopy and Coherent Scattering) entwickelt, an der die elektronische und atomare Struktur funktionaler und komplexer Materialien mit sogenannter weicher, also verhältnismäßig langwelliger Röntgenstrahlung erkundet werden kann. In ersten Experimenten haben Forscher an der SCS-Messstation mit dem DSSC-Detektor ultraschnelle magnetische Prozesse untersucht.

Der DSSC-Detektor ist die vierte Hochgeschwindigkeitskamera am European XFEL und die erste für weiche Röntgenstrahlung. Die übrigen drei schnellen Detektoren dienen für Experimente mit harter, also besonders kurzwelliger Röntgenstrahlung. In Zukunft soll noch ein zweiter DSSC-Detektor am European XFEL installiert werden.

European XFEL ist ein Gemeinschaftsunternehmen von zwölf europäischen Partnern. DESY hat den Teilchenbeschleuniger entwickelt und gebaut, der den Röntgenlaser antreibt, und der vom DESY-Kontrollraum aus betrieben wird. Mit einem Anteil von mehr als 50 Prozent ist DESY Hauptgesellschafter von European XFEL.


Weitere Informationen:
Pressemitteilung von European XFEL