URL: https://www.desy.de/aktuelles/news_suche/index_ger.html
Breadcrumb Navigation
DESY News: „Schweizer Taschenmesser“ für Elektronenstrahlen
News-Suche
Meldungen vom Forschungszentrum DESY
„Schweizer Taschenmesser“ für Elektronenstrahlen
Forscher bei DESY haben einen Mini-Teilchenbeschleuniger gebaut, der auf Knopfdruck vier verschiedene Funktionen ausführen kann. Das experimentelle Gerät namens STEAM wird mit Terahertz-Strahlung betrieben und kann Elektronenpakete beschleunigen, komprimieren, fokussieren und analysieren. Seine aktive Struktur ist dabei nur einige Millimeter groß. Die Entwickler vom Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) stellen ihren „Segmented Terahertz Electron Accelerator and Manipulator“ (STEAM) in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „Nature Photonics“ vor. Terahertz-Strahlung liegt im elektromagnetischen Spektrum zwischen Mikrowellen und dem Infrarot.

Der Mini-Beschleuniger STEAM (Mitte) wird mit Terahertz-Strahlung (seitlich) betrieben. Er kann eintreffende Elektronenpakete (blau) beschleunigen, komprimieren, fokussieren und analysieren. Illustration: DESY, Lucid Berlin
Auf diese Weise können die Wissenschaftler sehr genau kontrollieren, bei welchem Zustand des wechselnden Terahertz-Feldes ein Elektronenpaket im Gerät eintrifft. Je nach der genauen Ankunftszeit führt STEAM dann seine unterschiedlichen Funktionen aus. „Ein Elektronenpaket, das den negativen Teil des elektrischen Terahertz-Feldes triftt, wird beispielsweise beschleunigt“, erläutert Zhang. „Andere Teile des Feldes führen zum Fokussieren oder gezielten Defokussieren des Pakets oder zu einer Komprimierung um ungefähr den Faktor Zehn.“ Komprimierung bedeutet dabei ein Zusammenstauchen des Elektronenpakets in Flugrichtung, während bei der Fokussierung der Durchmesser des Pakets senkrecht zur Flugrichtung schrumpft.

Der Mini-Beschleuniger STEAM passt bequem zwischen zwei Finger. Die aktiven Strukturen im Inneren sind nur wenige Millimeter groß. Bild: DESY, Dongfang Zhang
Der Einsatz von Terahertz-Strahlung ist dabei auch verantwortlich für die kompakte Bauweise des experimentellen Manipulators. „Terahertz-Strahlung hat typischerweise eine hundertmal kleinere Wellenlänge als die Radiofrequenz-Strahlung, die in den großen Teilchenbeschleunigern heute eingesetzt wird. Daher lassen sich alle Strukturen in dem Gerät entsprechend schrumpfen“, erläutert Kärtner, der Leitender Wissenschaftler bei DESY und Professor an der Universität Hamburg ist. Mit nur etwas mehr als zwei Zentimetern Breite passt STEAM bequem in eine Streichholzschachtel. „Und das ist nur das Gehäuse. Die aktiven Strukturen liegen auf der Millimeterskala“, ergänzt Zhang.
Die STEAM-Technologie befindet sich noch in einem experimentellen Stadium. Die Entwickler sehen STEAM als einen ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zu einer künftigen Generation kompakter Terahertz-Elektronenbeschleuniger, die heutige Anlagen ergänzen und ganz neue Anwendungen ermöglichen kann. Der Mini-Manipulator kann aber bereits heute Anwendung finden, Beschleuniger-Forscher rund um den Globus haben bereits Interesse für einen Einsatz zur Untersuchung ihrer Elektronenpakete signalisiert, wie Kärtner betont. „STEAM kann für zukünftige Tisch-Beschleuniger benutzt werden, aber seine verschiedenen Funktionen sind auch für existierende Anlagen interessant.“
Originalveröffentlichung:
Segmented Terahertz Electron Accelerator and Manipulator (STEAM); Dongfang Zhang, Arya Fallahi, Michael Hemmer, Xiaojun Wu, Moein Fakhari, Yi Hua, Huseyin Cankaya, Anne-Laure Calendron, Luis E. Zapata, Nicholas H. Matlis and Franz X. Kärtner; „Nature Photonics“ (2018); DOI: 10.1038/s41566-018-0138-z

STEAM im Vergleich zu einem Spielzeugauto. Der eintreffende und ausgehende Elektronenstrahl ist symbolisiert dargestellt. Bild: DESY, Gesine Born

Das gesamte Gerät ist nur wenig größer als eine 2-Cent-Münze. Bild: DESY, Gesine Born