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DESY News: Partnerschaft auf Abstand: tiefgekühlte Helium-Moleküle
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Partnerschaft auf Abstand: tiefgekühlte Helium-Moleküle
Helium-Atome sind Einzelgänger. Nur wenn man sie stark abkühlt, bilden sie ein sehr schwach gebundenes Molekül. Dank des quantenmechanischen Tunneleffekts können sie dabei einen extrem großen Abstand voneinander halten. Wie Frankfurter Atomphysiker unter anderem mithilfe von DESYs Röntgenlaser FLASH bestätigen konnten, sind die Atome über 75 Prozent der Zeit so weit voneinander entfernt, dass ihre Bindung sich nur noch durch den quantenmechanischen Tunneleffekt erklären lässt. Die Forscher stellen ihre Ergebnisse im US-Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) vor.

Illustration: Peter Evers
Die Arbeitsgruppe von Dörner hat diese Helium-Moleküle in einem Experiment hergestellt und mithilfe des an der Goethe-Universität entwickelten COLTRIMS-Reaktionsmikroskops untersucht. Hierbei hat sie die Stärke der Bindung an FLASH mit bislang unerreichter Präzision ermittelt und den Abstand der beiden Atome im Molekül vermessen. „Das Helium-Molekül stellt so etwas wie einen Prüfstein für quantenmechanische Theorien dar, denn der theoretisch vorhergesagte Wert der Bindungsenergie hängt empfindlich davon ab, wie gut alle physikalischen und quantenmechanischen Effekte berücksichtigt wurden“, erklärt Dörner. Selbst die Relativitätstheorie, die sonst hauptsächlich für astronomische Berechnungen benötigt wird, müsse hier einbezogen werden. „Unterläuft ein kleiner Fehler, so ergeben die Rechnungen große Abweichungen oder besagen gar, dass ein Helium-Molekül überhaupt nicht existieren kann“, sagt Dörner. Die von seiner Gruppe durchgeführten Präzisionsmessungen werden als Vergleichswert für zukünftige Experimente dienen.

Experimenteller Aufbau: Die Helium-Moleküle werden in einem extrem abgekühlten Gasstrahl erzeugt und in einem Beugungsgitter vom Rest des Gasstrahls getrennt. Der Röntgenblitz (rot) von FLASH ionisiert beide Heliumatome des Moleküls, so dass sie explosionsartig auseinander fliegen. Die Ionen werden dann auf einem ortsauflösenden Detektor, symbolisiert durch den Filmstreifen, abgebildet. Aus einer Vielzahl von Einzelbildern wird dann die Wellenfunktion rekonstruiert. Illustration: Kunitski/Dörner, Goethe-Universität Frankfurt
Stefan Zeller, der nächste Doktorand, konnte die damalige Apparatur mit Hilfe von Dr. Maksim Kunitski nochmals entscheidend verbessern und die Messgenauigkeit weiter erhöhen. Dazu hat er unter anderem mit dem extrem intensiven Strahl von FLASH auf die extrem schwach gebundenen Helium-Moleküle geschossen. „Stefan Zeller hat Beeindruckendes geleistet. Seine unermüdliche Arbeit, sein großes experimentelles Geschick und seine Fähigkeit, sich von temporären Rückschlägen nicht entmutigen zu lassen, haben diesen Erfolg überhaupt erst möglich gemacht“, kommentiert Zellers Doktorvater Dörner.
Die Ergebnisse fanden bereits im Vorfeld international und national hohe Beachtung und bilden außerdem einen Teil der Forschungsarbeiten, für welche die Gruppe mit dem Helmholtz-Preis 2016 ausgezeichnet wurde.
Originalarbeit
Imaging the He2 quantum halo state using a free-electron laser; S. Zeller, M. Kunitski, J. Voigtsberger, A. Kalinin, A. Schottelius, C. Schober, M. Waitz, H. Sann, A. Hartung, T. Bauer, M. Pitzer, F. Trinter, C. Goihl, C. Janke, M. Richter, G. Kastirke, M. Weller, A. Czasch, M. Kitzler, M. Braune, R. E. Grisenti, W. Schöllkopf, L. Ph. H. Schmidt, M. Schöffler, J. B. Williams, T. Jahnke, and R. Dörner; „PNAS“, 2016; DOI: 10.1073/pnas.1610688113
Pressemitteilung der Goethe-Universität