23.08.2013

Neuer Emittanz-Weltrekord an PETRA III

Die PETRA III-Maschinenphysiker haben einen neuen Weltrekord aufgestellt. Sie erzielten bei einer Strahlenergie von 3 Gigaelektronenvolt (GeV) eine horizontale Strahlemittanz von 160 Picometer Radiant (pm rad) – so klein wie nie. Die Emittanz ist das Produkt aus Querschnitt und Bündelung eines Teilchenpakets in einem Beschleuniger und damit ein Maß für die Größe und Ordnung des Pakets. Sie bestimmt wesentlich die Eigenschaften eines Beschleunigers als Lichtquelle.

Screenshot für Experten: Mit einem Synchrotronstrahlungs-Interferogramm, das die Synchrotronstrahlung aus einem Dipolmagneten vermisst, können die Forscher die Strahlgröße und die Emittanz bestimmen.

„Wir wollten in unseren Maschinenstudien herausfinden, ob unsere theoretischen Berechnungen auch bei so kleinen Emittanzen noch stimmen“, sagt Alexander Kling, der die Studien leitete. „ Und mit 160 pm rad stimmt das Experiment perfekt mit den erwarteten 158 pm rad überein.“

Für ihre Experimente nutzte die Forschergruppe eine dreiwöchige Nutzerpause bei PETRA III. Sie betrieb den Beschleuniger bei Energien von 3 und 5 GeV und mit einigen hundert jeweils recht schwach geladenen Elektronenpaketen. Die Wissenschaftler möchten so die Einsatzmöglichkeiten für PETRA III erweitern und weitere Schritte auf dem Weg zur „ultimativen Speicherring-Röntgenquelle“ gehen.

So führt eine kleine Emittanz zum Beispiel zu einer höheren Auflösung bei Synchrotronexperimenten. „Mit einer verringerten Emittanz erhöht sich die transversale Kohärenz, das Licht wird laserartiger“, erklärt Kling. Die ersten Ergebnisse dieser Studien hat die Forschergruppe Anfang August auf dem Three-way-Workshop in den USA vorgestellt, einem regelmäßigen Treffen der Betreiber der weltweit führenden Speicherring-Röntgenquellen.

Für die Nutzer der Röntgenstrahlung ist die Verbesserung der Strahleigenschaften von großem Vorteil. „Eine höhere Kohärenz ermöglicht eine deutliche Verbesserung von bildgebenden Verfahren, wie zum Beispiel der Röntgen-Holographie“, erklärt Jens Viefhaus, dessen Gruppe die Studien von der PETRA III-Strahlführung P04 aus beobachtete. „Selbst im weichen Röntgenbereich, wo PETRA III im Vergleich zu anderen Quellen schon einen relativ hohen Kohärenzgrad hat, können hier noch Faktoren gewonnen werden, die sich dann in erheblich kürzerer Messzeit und genaueren, schärferen Rekonstruktionen auszahlen.“

Die Emittanz stellt sich beim Speichern eines Teilchenpakets in einer Synchrotronlichtquelle als Gleichgewicht ein: Die ständige Ablenkung der Teilchenpakete und die damit verbundene Aussendung von Synchrotronstrahlung regen die Teilchen an, die Beschleunigung der Teilchen, um den Energieverlust auszugleichen, führt zu einer Dämpfung. Hinzu kommen störende Effekte, die durch die Ladung und Streuung der Teilchen innerhalb eines Pakets hervorgerufen werden. Bei sehr kleinen Emittanzen und kleinen Energien spielen diese störenden Effekte eine dominante Rolle. „In den nächsten PETRA-Maschinenstudien wollen wir an weiteren Parametern drehen, um diese Ladungseffekte zu studieren und ihre Auswirkungen auf die Emittanz zu beobachten“, sagt Alexander Kling. „Die experimentelle Bestätigung der physikalischen Modelle ist ein wichtiger Baustein, um dem Traum eines ultimativen Speicherrings mit kleinster Emittanz näher zu kommen. Aber ich denke, der jetzt erreichte Rekord wird zumindest für in Betrieb befindliche Lichtquellen für eine ganze Weile Bestand haben.“