in vivo-Experimente bei DESY

DESY hat als nationales Forschungszentrum der Helmholtz-Gemeinschaft den Auftrag, Lösungen und Antworten für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen zu erforschen und zu diesen beizusteuern. Dazu gehört ausdrücklich auch die Forschung im Gesundheitsbereich. Mit seinen brillanten Lichtquellen und einmaligen Know-how in analytischen Methoden ist DESY in der Position maßgeblich zum Erkenntnisgewinn in der medizinischen Forschung beizutragen: Denn mithilfe der Großforschungsanlagen wie PETRA III können Einblicke auf der molekularen Ebene Informationen generieren, die für die Entwicklung neuer oder verbesserter Medikamente und Therapien gegen Krankheiten für die es heute keine oder nur unzureichende Heilungschancen gibt, unabdingbar sind. Neuartige und weiterentwickelte Analysemethoden machen es beispielsweise möglich, Reaktionen eines vollständigen Immunsystems über verschiedene Zeiträume zu verfolgen. Aus diesen Gründen werden auch bildgebende Versuchsreihen mit Tieren bei DESY an einigen Beamlines (Experimentierstationen) an PETRA III durchgeführt.

Die Tierversuche bei DESY erfolgen – wie überall – nach einem sorgfältigen Genehmigungsprozess, welcher von den Behörden vorgegeben und streng kontrolliert wird. Im Versuchsantrag legten die Forscher dar, dass die wissenschaftliche Fragestellung nicht mit Alternativmethoden, sondern in diesem Fall nur mit lebenden Tieren zu beantworten ist. Zentraler Aspekt der durchgeführten Versuche ist ein signifikanter Erkenntnisgewinn, letztendlich für Patientinnen und Patienten, durch die bei DESY vorhandene Expertise und Analysemethoden. Zudem gilt: Ein verantwortungsvoller, seriöser, regelkonformer und vor allem ethischer Umgang mit Tieren hat auch bei DESY oberste Priorität.

Weniger ist mehr

DESY nimmt die Verantwortung in diesem Zusammenhang sehr ernst. Derzeit stattfindende Tierversuche sind jedoch in der medizinischen Forschung und Arzneimittelentwicklung alternativlos, vor allem wenn es um die Untersuchung einer realistischen Immunantwort geht. Diese kann nur in einem vollständigen Organismus und nicht durch eine Simulation einzelner oder mehrerer Organe, wie zum Beispiel auf Organchips, erfolgen. DESY arbeitet auch aktiv bei Initiativen mit, deren Zielsetzung es ist, die Anzahl an Versuchstieren zu reduzieren. Bildgebungsverfahren, wie die beispielsweise zuvor erwähnte Röntgenfluoreszenzmethode, können zu einer Reduktion der Versuchstiere bei gleichzeitigem statistisch abgesichertem Erkenntnisgewinn beitragen.
Mit der Weiterentwicklung bestehender Technologien, insbesondere in der medizinischen Bildgebung, hat DESY das Ziel, aktiv dazu beizutragen, das Prinzip der so genannten 3R in der Forschung mit Tieren weiter zu verbessern.

  • Replace / Ersetzen: Die bei PETRA III gewonnenen Erkenntnisse aus Tierversuchen tragen dazu bei, lebende Tiere in medizinischen Experimenten zu ersetzen. Dies gilt insbesondere durch eine verbesserte Datenlage, die auf die Verfeinerung von in silico-Methoden basiert.
  • Reduce / Verringern: An der Synchrotronstrahlungsquelle durchgeführte Bildgebungsverfahren können die Zahl der Tiere reduzieren. Wie? Ein Tier kann unter Narkose über einen längeren Zeitraum über mehrere Zeitpunkte hinweg untersucht werden, um physiologische Prozesse zu verfolgen. Dies ist auch möglich, da die Dosen der Röntgenstrahlung weit unter den gesundheitlich kritischen Werten liegen. Auf diese Weise können an einem einzigen Tier über einen längeren Zeitraum Erkenntnisse gewonnen werden. Je öfter Untersuchungen für die Klärung einer Fragestellung stattfinden, desto höher ist der Faktor der eingesparten Tiere.
  • Refine / Verfeinern: Die nicht-invasiven Methoden der medizinischen Bildgebung an PETRA III reduzieren den Bedarf an direkten Eingriffen in den Organismus der Versuchstiere und damit auch mögliche Schmerzen für die Tiere.


Weitere Informationen zu dem Thema Tierversuche in der Forschung und zum Stand der Wissenschaft finden Sie auf den Seiten der Informationsinitiative der Wissenschaftsorganisationen Tierversuche verstehen.

 

Was macht das Immunsystem bei chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)?

Eine Nutzergruppe bei DESY führt eine Versuchsreihe mit Mäusen durch, um Vorgänge bei der entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn besser zu verstehen. Eine große Fragestellung für Medizinerinnen und Mediziner bei Morbus Crohn ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems im Darmtrakt. Die Forscherenden untersuchen in der Studie die Dynamik derjenigen T-Zellen, die an der Immunantwort beteiligt sind, also die Subtypen, die die Entzündung weiter antreiben und diejenigen, die sie regulieren sollten.
Dabei bietet ihnen DESY durch die Röntgenfluoreszenzmethode (XFI) neuartige Daten und Einblicke in das Verhalten des Immunsystems.

Dazu werden T-Zellen markiert, die im Hochleistungs-Röntgenstrahl von DESY ein Röntgen- Echo erzeugen und Aufschluss über die Immunantwort während der Untersuchung geben. Erkenntnisse hierzu sind die Ausgangsbasis, um neue Heilungsmethoden zu entwickeln. Gegenwärtig gibt es Behandlungen, um die Symptome bei Morbus Crohn oder anderen entzündlichen Darmerkrankungen zu reduzieren, aber keine heilende Therapie. Zudem kann bei etwa einem Drittel der Patienten nicht einmal eine Linderung vieler Symptome erreicht werden. Hinzu kommt, dass diese chronischen Erkrankungen nicht selten zu Krebs führen.