DESY News: Forscher röntgen einzelne Nanopartikel für die Katalyseforschung

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17.12.2019
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Forscher röntgen einzelne Nanopartikel für die Katalyseforschung

Individuelle Markierung erlaubt systematische Analyse äußerer Einflüsse

Ein internationales Forscherteam hat einzelne Nanopartikel aus einer Legierung der Katalysator-Materialien Platin und Rhodium unter technisch relevanten Bedingungen untersucht. Die Analyse mit Hilfe von Röntgenstrahlung und unter dem Rasterelektronenmikroskop zeigt, wie die beiden Metalle auf unterschiedliche Umgebungsbedingungen reagieren und sich dabei an der Oberfläche des Nanopartikels anreichern. Das Team um Hoydoo You vom Argonne National Laboratory in den USA stellt seine Studie im Fachblatt „Physical Review Letters“ vor.

Das im Röntgenstrahl untersuchte Platin-Rhodium-Nanopartikel unter dem Rasterelektronenmikroskop. Das Partikel ist rund 143 Nanometer breit und knapp 213 Nanometer lang. Bild: DESY, Arno Jeromin
„Die Ergebnisse können helfen zu verstehen, wie wir Katalysator-Nanopartikel länger aktiv halten können“, erläutert Ko-Autor Thomas Keller aus dem DESY-NanoLab. Katalysatoren sind Stoffe, die eine chemische Reaktion ermöglichen, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Sie kommen in zahlreichen Gebieten der Chemie zum Einsatz, unter anderem auch als Abgaskatalysatoren im Auto, wo sie die Oxidierung von schädlichen Stoffen wie Kohlenmonoxid und Stickoxiden zu weniger bedenklichen Verbindungen anregen. Sowohl Rhodium als auch Platin sind technisch von großer Bedeutung und auch als Mischung häufige Katalysatormaterialien.

Für die Untersuchung haben die Wissenschaftler am DESY-NanoLab eine Methode zur Herstellung von Legierungsnanopartikeln mit einer für die Röntgenmessungen geeigneten Größe entwickelt. Dazu wurde Platin auf ein Substrat aufgedampft, durch eine Wärmebehandlung die optimale Größe eingestellt und das Platin anschließend mit Rhodium bei hohen Temperaturen überwachsen, um eine optimale Durchmischung zu erreichen. Im Anschluss wurde im Rasterelektronenmikroskop ein Nanopartikel ausgewählt und mit individuellen Markierungen versehen. Während des Röntgenexperiments wurde die Probe dann verschiedenen Temperaturen und einer Gasatmosphäre mit wechselnden Zusammensetzungen ausgesetzt und dabei das zuvor markierte Partikel im Röntgenstrahl untersucht.

Mit Röntgenlicht der Advanced Photon Source in Argonne bestimmten die Forscher die räumliche Verteilung der Dehnung im Kristallgitter und machten sich zunutze, dass die Atome beider Elemente leicht unterschiedlich groß sind. Daher können sie im Kristallgitter die Plätze tauschen und auf diese Weise durch das Partikel wandern – angetrieben von äußeren Einflüssen wie der Temperatur und der Gaszusammensetzung. Da sich damit das Kristallgitter lokal leicht ändert, kann die gemessene Dehnung in die lokale Konzentrationsänderung der Rhodium-Atome übersetzt werden.

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Form des Legierungs-Nanopartikels (Elektronendichte), Gitterdehnungen und resultierende relative Rhodium-Verteilung im Legierungsnanopartikel bei einer Temperatur von 700°C (von links nach rechts). Regionen höherer Rhodium-Konzentration sind violett dargestellt, Regionen reduzierter Konzentration grün. Bild: Argonne National Laboratory und Tohoku-Universität, Tomoya Kawaguchi
„In einer sauerstoffreichen Atmosphäre wandern die Rhodium-Atome durch das Kristallgitter des Partikels an die Oberfläche, weil sie leichter oxidieren als Platin“, erläutert der an dem Experiment in Argonne beteiligte Doktorand Henning Runge von DESY und der Universität Hamburg. „Bei Volumenkristallen aus Platin-Rhodium-Legierungen hatte man das bereits beobachtet, es war aber unklar, wie sich die beiden Metalle in Nanopartikeln verhalten, wo zusätzliche Einflüsse wie beispielsweise die Oberflächenenergie an Bedeutung gewinnen.“ Da katalytische Reaktionen an der Oberfläche des Metalls ablaufen, versucht man, das Katalysatormaterial in möglichst kleine Partikel oder Strukturen zu formen, um die Oberfläche und damit die Effizienz des Katalysators zu vergrößern. Das untersuchte Partikel war etwa 140 mal 210 Nanometer (millionstel Millimeter) groß.

Rhodium ist für viele Reaktionen interessant, da es katalytisch sehr aktiv ist. Oxidiert es allerdings an der Oberfläche des Katalysators vollständig, wird es inaktiv und steht für die Katalyse nicht mehr zur Verfügung. Daher sollte ein Katalysator möglichst für jede Anwendung nach den herrschenden Umgebungsbedingungen maßgeschneidert werden.

„Unter reduzierenden Bedingungen wie etwa einer wasserstoffreichen Atmosphäre kehren die Rhodium-Atome aus dem oxidierten Zustand zurück in das Kristallgitter, berichtet Hauptautor Tomoya Kawaguchi vom Argonne National Laboratory und der Tohoku-Universität in Japan.

„Wir versuchen jetzt zu verstehen, wie so ein Nanopartikel am besten aktiv gehalten werden kann“, erläutert Keller. „Die bei uns entwickelte Markierungsmethode erlaubt dabei erstmals, individuelle Nanopartikel zu charakterisieren und am DESY-NanoLab weiter zu analysieren, anstatt wie üblich eine größere Zahl von Partikeln zu untersuchen, was einen Mittelwert ergibt. So lassen sich systematische Effekte direkt studieren.“

An der Untersuchung waren das Argonne National Laboratory, die Tohoku-Universität, die Universität Hamburg, die Nationale Kernforschungsuniversität MEPhI in Moskau und DESY beteiligt.

 

Fachartikel:
Tomoya Kawaguchi, Thomas F. Keller, Henning Runge, Luca Gelisio, Christoph Seitz, Young Y. Kim, Evan R. Maxey, Wonsuk Cha, Andrew Ulvestad, Stephan O. Hruszkewycz, Ross Harder, Ivan A. Vartanyants, Andreas Stierle, and Hoydoo You; Gas-induced segregation in Pt-Rh alloy nanoparticles observed by in situ Bragg coherent diffraction imaging; Physical Review Letters, (2019); DOI: 10.1103/PhysRevLett.123.246001