Neuer Luminositätsrekord

Im Jahr 2004 lieferte HERA 87 pb-1 an Kollisionen zwischen polarisierten Positronen und Protonen

Um 7 Uhr begann am Montag, den 16. August, für den Elektron-Proton-Speicherring HERA bei DESY in Hamburg die für Sommer 2004 geplante zweimonatige Betriebsunterbrechung. Bis Mitte August hat HERA damit mehrere Rekorde gebrochen:

  • HERA lieferte eine Luminosität von 3,8x1031 cm-2s-1 und brach damit den bisherigen Rekord von 2,0x1031 cm-2s-1.
  • HERA lieferte 2004 eine integrierte Luminosität von 87 pb-1, ein Wert, der den des Rekordjahres 2000 übertrifft.
  • HERA ist der erste Speicherring, in dem longitudinal polarisierte hochenergetische Positronen mit Protonen zur Kollision gebracht werden.

Abb. 1
Der Verlauf eines Maschinenzyklus von HERA demonstriert die gute Leistung des Speicherrings.
Das obere Bild zeigt den Protonenstrom (blau), den Positronenstrom (rot) sowie die Lebensdauer des Positronenstrahls (grün). Im mittleren Bild ist die durch die beiden Kollisionsexperimente H1 und ZEUS aufgenommene Luminosität zu erkennen, während das untere Bild die von den beiden Polarimetern von HERA gemessene Polarisation der Positronen zeigt.

HERA nach dem anspruchsvollen Umbau der Jahre 2000 und 2001 wieder erfolgreich in Betrieb zu nehmen, war ein langer und harter Kampf. Als HERA im Jahr 2001 wieder an den Start ging, verhinderte unerwartet hoher Untergrund die Datennahme der Kollisionsexperimente H1 und ZEUS. Hauptursachen waren, wie sich herausstellte, das starke Aufheizen des Strahlrohrs aufgrund der kurzen Positronen-„Pakete“ sowie die intensive Synchrotronstrahlung, die von den Positronen in der Nähe der Experimente verursacht wurde. Dadurch verschlechterte sich das Vakuum – die von der Wechselwirkung des Protonenstrahls mit dem Restgas erzeugten Teilchen produzierten den unakzeptablen Untergrund.

Dank der engen Zusammenarbeit zwischen der HERA-Mannschaft und den Experimenten sowie der Hilfe externer und interner Beratungskomitees konnte ein Problem nach dem anderen identifiziert, verstanden und gelöst werden. Dafür waren wesentliche Änderungen am Strahlkollimationssystem, am Vakuumsystem und an den Detektoren erforderlich. Anfang 2004 war es dann schließlich geschafft: H1 und ZEUS konnten bei den nominellen HERA-Strahlströmen (100 mA für die Protonen und 50 mA für die Positronen) Daten nehmen. Von da an konnte sich die HERA-Crew darauf konzentrieren, die HERA-Ströme kontinuierlich zu erhöhen, während sich die Experimentiergruppen der effizienten Datennahme widmeten. Gleichzeitig wurde die Polarisation der Positronen beständig verbessert: Sie erreichte Werte über 50 %. Weitere Arbeiten sind erforderlich, um zuverlässig hohe Polarisationswerte bei hohen Luminositäten zu erreichen.

Abb. 2
Die dargestellte Messung wurde erst durch die Bereitstellung longitudinal polarisierter Positronenstrahlen in HERA möglich. Sie zeigt die Polarisationsabhängigkeit des Wirkungsquerschnitts für geladene Ströme und beweist die Paritätsverletzung der schwachen Wechselwirkung in Lepton-Proton-Kollisionen bei höchsten Energien.

Alle drei HERA-Experimente – die Positron-Proton-Kollisionsexperimente H1 und ZEUS sowie das Experiment HERMES, in dem die polarisierten Positronen mit einem polarisierten Gastarget wechselwirken – haben im Jahr 2004 erfolgreich Daten genommen. Alle drei Experimente werden bereits auf der ICHEP'04, der Internationalen Konferenz für Hochenergiephysik, die vom 16. bis 21. August in Peking stattfindet, erste interessante Ergebnisse vorstellen: darunter die erste, seit langem erwartete Messung der Polarisationsabhängigkeit des Wirkungsquerschnittes der schwachen Wechselwirkung durch H1 und ZEUS sowie durch das HERMES-Experiment die weltweit erste Bestimmung der Struktur des Protons anhand von Messungen des gestreuten Positrons und des hadronischen Endzustands mit Hilfe eines Targets, das transversal zur Richtung des Positronenstrahls polarisiert ist. Diese Ergebnisse sind interessant, machen jedoch auch deutlich, dass etwa zehnmal mehr Daten sowohl mit Elektronen als auch mit Positronen notwendig sind, um das wissenschaftliche Potenzial der umgebauten HERA-Speicherringanlage voll auszuschöpfen. Dies ist das anspruchsvolle Ziel für die kommenden HERA-Messzeiten.

In den zwei Monaten Betriebsunterbrechung im Sommer 2004 wird die HERA-Crew das Vakuumsystem weiter verbessern, Komponenten austauschen, die Ineffizienzen im Betrieb verursacht haben, und rechtlich vorgeschriebene, regelmäßige Sicherheitskontrollen durchführen. Herausforderung für die Wiederinbetriebnahme von HERA im Oktober 2004 wird es sein, zu zeigen, dass HERA und die Experimente ebenso gut mit Elektronen betrieben werden und Daten nehmen können.