15.02.2012

Forscher entdecken neuen Mechanismus für die Elastizität von Muskeln

Ein internationales Forscherteam hat einen neuen Mechanismus entdeckt, der unsere Muskeln so elastisch macht. Die Gruppe um Matthias Wilmanns vom Europäischen Molekularbiologie-Labor EMBL hatte im Röntgenlicht des Hamburger DESY-Beschleunigers DORIS ein bestimmtes Eiweiß untersucht, das die Muskelfilamente verbindet. Dieses sogenannte Myomesin kann sich auf das 2,5Fache seiner ursprünglichen Länge dehnen, berichten die Wissenschaftler im Fachjournal "PLoS Biology" der Public Library of Science.

Myomesin-Moleküle (rechts) verbinden Muskel-Filamente. Illustration: EMBL

"Trotz ihrer großen Bedeutung wissen wir erstaunlich wenig über die Elastizität von Muskeln", betont Wilmanns. Myomesin gehört wie Actin, Myosin und Titin zu den elastischen Muskelproteinen. Es knüpft Brücken zwischen den Hauptfilamenten des Muskels und hält so die Muskelstruktur stabil. Im Röntgenlicht des DESY-Beschleunigers DORIS und der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF sowie mit dem Elektronen- und dem Rasterkraftmikroskop konnten die Biologen Struktur und Funktionsweise von Myomesin aufklären.

Das Protein ähnelt demnach einer Perlenkette, bei der stark gefaltete Immunoglobulin-Abschnitte jeweils mit einer elastischen Spirale (Alpha-Helix) verbunden sind. Wenn an dem Protein gezogen wird, dehnen sich die elastischen Alpha-Helices - "ein Mechanismus, der unseres Wissens zuvor nicht beobachtet wurde", wie die Forscher schreiben. Die Immunoglobulin-Abschnitte dagegen, deren Elastizität von Biologen diskutiert wird, entfalten sich offensichtlich nicht. Die Myomesin-Analyse hat Bedeutung für alle Muskeln im Körper - vom kleinen Finger bis zum Herzen - und verbessert unser Verständnis der Muskelfunktionen.

"Unsere Ergebnisse erklären, wie Myomesin seine Gesamtlänge an die sich verändernden Maße beim Zusammenziehen und Entspannen der Muskeln anpassen könnte und so als hochelastisches Band funktioniert, das die Struktur der Muskelfaser zusammenhält", schreiben die Forscher. "Allgemeiner betrachtet zeigen diese Ergebnisse, wie Bausteine mit sich wiederholenden Elementen - so wie Myomesin - hoch organisierte biologische Strukturen elastisch halten können." Aufbauend auf diese Arbeit möchte die Gruppe um Wilmanns nun die Rolle von Myomesin im Körper erkunden und wie es mit den anderen Muskelkomponenten interagiert und kommuniziert.

Die Forschungslichtquellen DORIS, PETRA III und FLASH am Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg bieten einzigartige Untersuchungsmöglichkeiten unter anderem für die Strukturbiologie. Vor Ort werden diese Strahlen dafür unter anderem von Forschern des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL), dem Center for Free-Electron Laser Science (CFEL), der Universität Hamburg sowie von jährlich mehr als 2000 Gastforschern genutzt.

 

Originalveröffentlichung

"Superhelical Architecture of the Myosin Filament-Linking Protein Myomesin with Unusual Elastic Properties"; Pinotsis, Chatziefthimiou, et al.; "PLoS Biology" (10(2): e1001261, 2012); DOI: 10.1371/journal.pbio.1001261

 

EMBL-Pressemitteilung 

EMBL-Hamburg-News