IceCube-Neutrinoteleskop: Riesenschritt in vierzig Tagen

Mit dem Ende des antarktischen Sommers endete nun auch die Saison für den Aufbau des weltweit größten Neutrino-Teleskops am Südpol. Die Erfolgsbilanz: Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker des internationalen Projekts „IceCube“, an dem auch Mitarbeiter des Helmholtz-Forschungszentrums DESY maßgeblich beteiligt sind, haben 480 neue so genannte Digitale Optische Module (DOMs) im ewigen Eis installiert. Die DOMs sind an acht Trossen befestigt, die bis in zweieinhalb Kilometer Tiefe des Eispanzers reichen. Hinzu kommen 48 an der Oberfläche installierte Module. Damit konnte die Größe des Neutrino-Teleskops AMANDA, das seit dem Jahr 2000 Daten nimmt, in 40 Tagen mehr als verdoppelt werden. Zusammen mit den in vorigen Jahren installierten Modulen bilden jetzt 604 IceCube-Module und 667 AMANDA-Module die erste Ausbaustufe des „IceCube-Neutrino-Observatoriums“.

„Das ist ein großartiger Erfolg! Und eine große Erleichterung – nach einem Saisonbeginn voller technischer Schwierigkeiten und witterungsbedingter Verzögerungen“, kommentiert Dr. Christian Spiering, Koordinator der IceCube-Collaboration und DESY-Wissenschaftler. „Im Verlauf der letzten 40 Tage haben wir alle Verzögerungen wieder aufgeholt und gezeigt, dass wir im nächsten Jahr wie geplant bis zu 16 Trossen installieren können. Am Ende dieses Jahres wollen wir die ersten Beobachtungsergebnisse präsentieren.“ Auch der leitende Wissenschaftler Francis Halzen (University of Wisconsin, Madison) ist begeistert: „Nur gute Nachrichten vom Pol: Zum einen die im letzten Jahr installierten optischen Module: Sie funktionieren seit einem Jahr ohne Fehler, wie ein Schweizer Uhrwerk. Das wirkliche Glanzlicht waren aber die Tiefeis-Bohrungen. Es gibt ein geflügeltes Wort unter Bohrarbeitern: Jedem guten Bohrtag folgt die nächste Panne. Das IceCube-Bohrteam hat das Gegenteil bewiesen. Trotz einer mehr als zehntägigen Verzögerung zu Anfang der Saison haben wir unser diesjähriges Ziel erreicht. Alle Herausforderungen seit dem Bohren des ersten Lochs im letzten Jahr wurden hervorragend gemeistert.“

Das Bohren im antarkischen Eis ist eine Kunst für sich: Mit einem 5-Megawatt-Heißwasser-„Bohrer“ wird das Eis bis zu zweieinhalb Kilometer tief geschmolzen. Dann werden jeweils 60 optische Detektoren an einer langen Trosse in das Bohrloch heruntergelassen.

In seinem Endausbau wird das 272 Millionen US-Dollar teure Teleskop mit insgesamt 80 Trossen und einem Detektorvolumen von einem Kubikkilometer das größte wissenschaftliche Instrument sein, das jemals gebaut wurde. IceCube soll 30-mal größer werden als das Vorgängerteleskop AMANDA („Antarctic Muon and Neutrino Detector Array“). Ziel von IceCube ist es, geisterhafte, hochenergetische Teilchen aus den Tiefen des Weltalls nachzuweisen, so genannte kosmische Neutrinos. Damit wird IceCube den Wissenschaftlern ein neues Fenster zum All eröffnen und ihnen ermöglichen, den geheimnisvollen Ursprüngen der kosmischen Strahlung auf die Spur zu kommen.

IceCube ist ein in internationaler Zusammenarbeit durchgeführtes Projekt, an dem über 20 Forschungseinrichtungen aus den USA, Deutschland, Schweden, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Japan und Neuseeland beteiligt sind. Aus Deutschland sind dies das Helmholtz-Forschungszentrum DESY mit seinem Standort in Zeuthen (Brandenburg), die Universitäten Dortmund, Mainz und Wuppertal sowie die Humboldt-Universität Berlin. Der größte Teil des Teleskops und seines Aufbaus wird von der National Science Foundation (NSF) finanziert, die europäischen Partner tragen insgesamt 30 Millionen US-Dollar bei. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt das Projekt mit zwei Nachwuchsgruppen in Berlin und Heidelberg.

In enger Zusammenarbeit werden DESY und die deutschen Universitäten mehr als ein Viertel der insgesamt fast 5000 optischen Module herstellen und liefern, die auch in den nächsten fünf Jahren noch im antarktischen Eis installiert werden sollen. 1300 dieser 33 cm großen Glaskugeln, die jeweils einen höchst empfindlichen Lichtdetektor und dessen anspruchsvolle Elektronik umschließen, werden bei DESY in Zeuthen gebaut und getestet. Außerdem wurde ein wichtiger Teil der Elektronik zur Datennahme und Kommunikation mit den tausenden optischen Modulen bei DESY entwickelt.

Weitere Informationen:
http://nuastro-zeuthen.desy.de
http://www.icecube.wisc.edu