DESY News: Ungewöhnliche Gold-Nanokristalle sind bessere Katalysatoren

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26.08.2020
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Ungewöhnliche Gold-Nanokristalle sind bessere Katalysatoren

Röntgen-Rastermikroskopie enträtselt gemischte innere Struktur der Nanoteilchen

Nanoteilchen aus Gold haben bessere Katalysatoreigenschaften, wenn ihre Atome anders angeordnet sind als üblich. Die alternative innere Struktur verändert die Eigenschaften der Nanopartikel. Das zeigt eine Untersuchung an DESYs Röntgenlichtquelle PETRA III, mit der ein indisch-deutsches Team den inneren Aufbau von mehrphasigen Gold-Nanoteilchen mit unterschiedlichen Kristallstrukturen aufgeklärt hat. Die Ergebnisse helfen, die katalytischen Eigenschaften dieser Nanokristalle besser zu verstehen und noch effizientere Katalysatoren zu entwickeln. Das Team unter Leitung von Milan K. Sanyal vom Saha Institute of Nuclear Physics in Indien, Giridhar U. Kulkarni vom Jawaharlal Nehru Centre for Advanced Scientific Research (JNCASR) in Indien und Christian Schroer von DESY stellt seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts „ACS Nano“ der American Chemical Society vor.

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Ein Gold-Nanopartikel im Licht der Röntgenfluoreszenz (links), unter dem Elektronenmikroskop (Mitte) und als Röntgen-Rastermikroskopie-Aufnahme (rechts). Letztere verrät die Anordnung der Atome im Inneren des Partikels. Es ist 0,0016 Millimeter lang. Bild: DESY, Abhisakh Sarma
Gold-Nanopartikel haben ein breites Anwendungsspektrum wegen ihrer besonderen Eigenschaften, die in vielerlei Hinsicht von makroskopischem Gold abweichen. Während beispielsweise Gold normalerweise kaum als Katalysator aktiv ist, haben Gold-Nanopartikel herausragende katalytische Eigenschaften, insbesondere für sogenannte Redox-Reaktionen wie beispielsweise die Oxidierung von Kohlenmonoxid zu Kohlendioxid bei niedrigen Temperaturen oder die Oxidierung von Alkoholen.

„Jüngste Fortschritt auf dem Bereich der synthetischen Chemie haben uns ermöglicht, eine neue Generation von Gold-Nanokristallen herzustellen“, erläutert die Hauptautorin der Studie, Chaitali Sow vom JNCASR. Diese Kristalle haben eine besondere Eigenschaft: Sie besitzen eine gemischte innere Kristallstruktur, wobei ein Teil der Atome im Gold-typischen flächenzentrierten kubischen Kristallgitter (fcc) angeordnet ist, andere Teile jedoch im sogenannten tetragonalen innenzentrierten Gitter (bct) und im orthorhombischen innenzentrierten Gitter (bco). Der Anteil der nicht-typischen (nicht-fcc) Kristallgitter lässt sich dabei auf bis zu 85 Prozent hochschrauben.

„Neuere Studien weisen darauf hin, dass Gold ein signifikant besserer Katalysator ist, wenn seine Atome nicht im flächenzentrierten kubischen Kristallgitter angeordnet sind“, berichtet Kulkarni. „Interessanterweise zeigt sich, dass die katalytischen Eigenschaften von Gold besonders stark zwischen fcc-Phasen und Nicht-fcc-Phasen variieren“, erläutert Ko-Autor Abhisakh Sarma von DESY.

Um den Ursprung der unterschiedlichen katalytischen Eigenschaften besser zu verstehen, haben die Forscherinnen und Forscher die räumliche Verteilung der verschiedenen Kristallphasen in den Nanopartikeln untersucht. Die Kristalle sind mit einigen hundert Nanometern Durchmesser allerdings zu dick für die Elektronenmikroskopie, die für solche Untersuchungen üblicherweise benutzt wird – die Elektronen dringen nicht weit genug in die Nanopartikel ein. Daher nutzte das Team die brillante Röntgenstrahlung von PETRA III, die eine hohe Eindringtiefe besitzt und dabei ein charakteristisches Streumuster erzeugt, aus dem sich die lokale innere Kristallstruktur errechnen lässt.

Im DESY NanoLab wählten die Forscherinnen und Forscher einzelne Nanopartikel für die Röntgenuntersuchung aus und markierten sie vorab mit einem fokussierten Ionenstrahl. „Der verwendete Platin-Marker erlaubt uns, individuelle Gold-Nanokristalle auf einfache Weise wiederzufinden“, berichtet Ko-Autor Thomas F. Keller aus dem DESY NanoLab.

„Dank der Untersuchung können wir die Wachstumsrichtung der individuellen Kristallstrukturen und des entsprechenden gesamten Kristalls besser verstehen“, erläutert Sanyal. „Die von uns vorgestellte Röntgenbeugungsmikroskopie-Technik repräsentativer einzelner Kristallite lässt sich dabei auch zur Untersuchung der Wachstumsmechanismen ähnlicher mehrphasiger Nanometer- und Mikrometer-großen Kristalle einsetzen.“

Das untersuchte Gold-Nanopartikel war rund 1360 Nanometer lang und 230 Nanometer dick, wobei es an beiden Enden spitz zulief wie eine Doppelpyramide. Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter. Per Raster-Röntgenbeugungsmikroskopie (SXDM) durchleuchtete das Team das Partikel an der Messstation P06 von PETRA III. „Die Datenauswertung zeigt, dass der Körper des Kristallits hauptsächlich aus Nicht-fcc-Phasen aufgebaut ist, während sich die fcc-Phase vor allem in den Spitzen findet“, berichtet Sarma.

„Die Röntgen-Rastermikroskopie hat außerdem ergeben, dass die Nicht-fcc-Phasen um rund fünf Prozent gegenüber der fcc-Phase gestreckt sind, wobei die Kristallite unter Umgebungsbedingungen trotzdem jahrelang stabil bleiben“, ergänzt Sow. Außerdem sind die beiden Hälften der Doppelpyramide nicht symmetrisch, sondern entlang der Längsachse um etwa sechs Grad verdreht.

Die Untersuchung zeige auch Wege, wie sich der Anteil der Nicht-fcc-Phasen in den Gold-Nanokristallen noch über 85 Prozent hinaus steigern lasse, um die katalytischen Eigenschaften weiter zu verbessern, betont das Team. Um die Verteilung von fcc- und Nicht-fcc-Phasen im Körper und in den Spitzen des Kristallits noch besser im Detail zu verstehen, wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in künftigen Untersuchungen die SXDM-Methode mit einer Technik namens oberflächenverstärkte Raman-Streuung (SERS) kombinieren, mit der sich die katalytischen Eigenschaften an verschiedenen Stellen eines Mikrokristallits ausmessen lassen, um die besonderen Goldkristalle so auf der atomaren Ebene weiter zu erforschen.

Mit dem feinen Röntgenstrahl von PETRA III wird das Gold-Nanopartikel abgerastert. Die entstehenden Beugungsbilder verraten die Kristallstruktur des Partikels. Film: DESY, Abhisakh Sarma

 

Originalveröffentlichung:
„Unraveling the Spatial Distribution of Catalytic Non-Cubic Au Phases in a Bipyramidal Microcrystallite by X-ray Diffraction Microscopy“; Chaitali Sow, Abhisakh Sarma, Andreas Schropp, Dmitry Dzhigaev, Thomas F. Keller, Christian G. Schroer, Milan K. Sanyal, and Giridhar U. Kulkarni; „ACS Nano“, 14, 8 (25.8.2020); DOI: 10.1021/acsnano.0c02031