Alle Vögel benutzen das gleiche Navi

Das Röntgenfluoreszenz-Bild zeigt die Verteilung von Eisen in den Nervenästen verschiedener Vogelschnäbel (von oben: Grasmücke, Rotkehlchen, Haushuhn, Taube) (G. Falkenberg et al.).

Wie finden Vögel ihren Weg beim Fliegen? Dieser Frage waren Forscher vor einigen Jahren bei DESY auf die Spur gekommen, als sie mit der Synchrotronquelle DORIS III eisenhaltige Stoffe in Schnäbeln von Tauben nachweisen konnten. Diese Stoffe können Richtung und Stärke des Erdmagnetfelds messen und helfen den Vögeln beim Navigieren. Die jüngsten Experimente des Wissenschaftlerteams der Uni Frankfurt, der Uni Oldenburg, des Helmholtzzentrums Berlin und DESYs brachten jetzt erstaunliche neue Erkenntnisse zu Tage.

Eisenhaltige kurze Nervenäste, so genannte Dendriten, im Oberschnabel von Brieftauben waren es, die die Frankfurter Neurobiologen Dr. Gerta Fleissner und Prof. Dr. Günther Fleissner zusammen mit dem DESY-Physiker Dr. Gerhard Falkenberg entdeckt hatten. An DORIS wurden die entscheidenden Eisenoxide charakterisiert, die im Taubenschnabel das Erdmagnetfeld lokal verstärken und die Dendriten der Nervenzellen anregt, die bei den Tauben für die Navigation zuständig sind. Inzwischen hat das Forscherteam bei sehr verschiedenen Vogelarten gleiche Strukturen gefunden. Mit den Nachweismöglichkeiten der Röntgenfluoreszenz bei DESY zeigt sich nun, dass auch die Eisenoxide in diesen Dendriten identisch sind, wie soeben in dem renommierten interdisziplinären Online-Journal PloS ONE veröffentlicht worden ist. „Als wir in den zurückliegenden Jahren dieses System aus Nervenästen mit den stark magnetischen Eisenverbindungen in bestimmten Zellpartikeln bei Brieftauben nachgewiesen haben, warf dies sofort die Frage auf, ob es vergleichbare Dendritensysteme auch bei anderen Vogelarten gibt“, so die Projektleiterin Gerta Fleissner.

Egal, ob Vögel ihre Magnetkarte im Hirn, die von den mehr als 500 Magnetfeldrezeptoren kodiert wird, zur weiträumigen Orientierung nutzen oder nicht – die Anlagen sind sowohl bei Zugvögeln wie Rotkehlchen und Grasmücke als auch bei Haushühnern vorhanden. Für diesen Nachweis hatten die Forscher Tausende von Vergleichsuntersuchungen vorgenommen, wofür sie die hochauflösenden Röntgenstrahlen des Ringbeschleunigers DORIS nutzten. „Die Ergebnisse sind erstaunlich, weil die untersuchten Vögel eine sehr unterschiedliche Lebensweise haben und vielfältige Orientierungsaufgaben lösen müssen: Brieftauben, die geübt sind, von unterschiedlichen Auflassorten zum Heimatschlag zurück zu finden, Kurzstreckenzieher wie das Rotkehlchen, Langstreckenflieger wie die Grasmücke und ortstreue Vögel wie die Haushühner“, erklärt Gerta Fleissner.


Weitere Informationen:

Veröffentlichung