Zwei neue Mitglieder im DESY-Direktorium

Am 9. Dezember 1999 hat der Verwaltungsrat des Deutschen Elektronen-Synchrotrons die seit Beginn dieses Jahres geplante Erweiterung des DESY-Direktoriums vollzogen. Statt wie bisher aus fünf wird das DESY-Direktorium künftig aus sechs Mitgliedern zusammengesetzt sein. Hinzu kommt ein Direktor mit dem Zuständigkeitsbereich "Forschung mit Synchrotronstrahlung". In den vergangenen Jahren hat sich dieses Arbeitsgebiet neben der Elementarteilchenphysik zu einem zweiten Forschungsschwerpunkt von DESY entwickelt. Als Direktor für diesen Bereich ernannte der Verwaltungsrat Prof. Dr. Jochen R. Schneider, der sein Amt am 1.1.2000 antreten wird. Außerdem ernannte er Prof. Dr. Robert Klanner zum Forschungsdirektor von DESY. In seinen Zuständigkeitsbereich fällt der erste Forschungsschwerpunkt von DESY, die Elementarteilchenphysik. Prof. Klanner tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Albrecht Wagner an, der im Juli dieses Jahres Vorsitzender des DESY-Direktoriums (Generaldirektor) geworden ist.

Der Teilchenphysiker Dr. Robert Klanner (54) wurde 1996 zum Professor für Experimentalphysik an die Universität Hamburg berufen und war vorher 15 Jahre als Leitender Wissenschaftler von DESY in einer der vier großen HERA-Forschungsgruppen tätig. Der gebürtige Österreicher studierte an der Technischen Universität München Physik und führte seine Diplomarbeit beim Europäischen Laboratorium für Teilchenphysik CERN in Genf durch. Die Forschungsarbeiten für seine Promotion an der Universität München führten ihn im Rahmen eines CERN-Serpukhov-Experiments bis nach Russland. Im Anschluss daran war Robert Klanner zwei Jahre als Research Associate und Assistant Professor an der University of Illinois, Urbana-Champaign, USA, tätig. Von 1975 bis 1984 forschte er als Wissenschaftlicher Angestellter des Max-Planck-Instituts für Physik in München an verschiedenen Teilchenphysik-Experimenten am CERN, bevor er dann 1984 als Leitender Wissenschaftler zu DESY nach Hamburg kam. Hier arbeitete er am Aufbau des großen HERA-Detektors "ZEUS" mit und beteiligte sich an der Teilchenphysik-Forschung mit diesem Messinstrument. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehörten insbesondere spezielle Untersuchungen von schweren Quarks und von der Starken Kraft, die zwischen diesen Materiebausteinen wirkt. In den letzten Jahren war Professor Klanner Mitglied in verschiedenen Gutachterkomitees von Beschleuniger-Forschungszentren in den USA, in der Schweiz und in Kanada, außerdem in mehreren Kommissionen der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Er ist Mitherausgeber der Fachzeitschrift "Nuclear Instruments and Methods in Physics Research", Sektion A.

Der Festkörperphysiker Prof. Dr. Jochen R. Schneider (58) ist Professor für Experimentalphysik an der Universität Hamburg. Er kam 1989 zu DESY, wurde ein halbes Jahr später Leitender Wissenschaftler und 1993 Leiter des Hamburger Synchrotronstrahlungslabors HASYLAB. Nach seiner Ausbildung zum Elektriker und Elektroingenieur studierte er ab 1965 an den Universitäten Hamburg und Grenoble Physik, wo er auch promovierte. Bis 1976 war Jochen R. Schneider Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble, 1976 wechselte er an das Hahn-Meitner-Institut in Berlin. Sein wissenschaftliches Arbeitsgebiet war "Experimentalphysik und Kristallographie", in dem er 1982 an der Technischen Universität Berlin habilitierte. Bei DESY konzentriert sich seine wissenschaftliche Tätigkeit auf Eigenschaften von Festkörpern, wie strukturelle Phasenübergänge, die besonders gut mit der an den DESY-Beschleunigern "DORIS" und "PETRA" erzeugten hochenergetischen Synchrotronstrahlung untersucht werden können. In jüngster Zeit beschäftigt er sich schwerpunktmäßig mit dem Einsatz von so genannten Freie-Elektronen-Lasern, die bei DESY künftig zur Erzeugung von Röntgenstrahlung eingesetzt werden sollen und den Forschern ganz neue Perspektiven eröffnen werden. Prof. Schneider ist Mitglied zahlreicher wissenschaftlicher Kommissionen und Gutachtergremien in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und Amerika.

Das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY ist ein Zentrum für Grundlagenforschung. Es wurde am 18. Dezember 1959 mit der Aufgabe gegründet, Hochenergie-Beschleuniger für die Elementarteilchenphysik zu bauen und für die deutschen Universitäten zur Verfügung zu stellen. Als erstes entstand ein ringförmiges "Elektronen-Synchrotron", nach dem das Forschungszentrum auch benannt ist. Es folgten die Speicherringe für Elektronen und deren Antiteilchen, die Positronen, mit Namen "DORIS" (289 m Umfang) und "PETRA" (2,3 km Umfang). Seit 1992 ist die unterirdische Hadron-Elektron-Ring-Anlage HERA (6,3 km Umfang) in Betrieb. An diesem "Super-Elektronenmikroskop" für die kleinsten Bausteine der Materie forschen heute 1200 Teilchenphysiker aus Deutschland und anderen Ländern. Schon Mitte der sechziger Jahre erkannten die DESY-Wissenschaftler, dass die in den Beschleunigern von den kreisenden Elektronen abgegebene elektromagnetische Strahlung von großer Bedeutung für andere Wissenschaften sein könnte. Seitdem wurde der Einsatz dieser "Synchrotronstrahlung" bei DESY voran getrieben. Heute wird sie allein bei DESY von 2200 Wissenschaftlern für Untersuchungen in Physik, Molekularbiologie, Chemie, Geowissenschaften und Medizin genutzt. In diesen naturwissenschaftlichen Disziplinen können der Aufbau und die Eigenschaften von Materialien und biologischen Mikrostrukturen in atomaren Größenordnungen untersucht werden. Die beiden Forschungszweige sind heute zu gleich gewichtigen Schwerpunkten des DESY-Programms zusammengewachsen. DESY ist Mitglied der Hermann von Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungzentren (HGF). Bei DESY arbeiten 1550 Beschäftigte und 3400 Gastwissenschaftler aus 35 Ländern. Der Jahresetat in Höhe von 295 Millionen Mark wird zu 90% vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu 10% von der Freien und Hansestadt Hamburg (bzw. für den Standort in Zeuthen von Brandenburg) getragen