Tunnelbau für den European XFEL - Aktuelles zur Bodensenke vom 2. Juli 2011 Gemeinsame Webseite von DESY und European XFEL

Am Sonnabend, 2. Juli 2011, wurde eine Bodensenke in der Rasenfläche eines Privatgrundstücks in Hamburg-Lurup entdeckt. Sie liegt direkt über dem etwa 25 Meter tiefen Tunnel für den European-XFEL-Beschleuniger, der voraussichtlich noch bis Ende Juli zwischen den Baustellen Osdorfer Born und DESY-Bahrenfeld im Schildvortriebsverfahren gebaut wird. Die Senke hatte ein Volumen von etwa einem Kubikmeter und trat dem Anschein nach vier Wochen, nachdem die Tunnelvortriebsmaschine unter dieser Stelle arbeitete, auf. Nach eingehender Prüfung stimmen die Experten überein, dass von dieser Senke keine Gefahren ausgehen und dass sie auf eine lokal begrenzte sehr lockere Bodenformation zurückzuführen ist, die durch den Tunnelvortrieb beeinflusst wurde.

Abschließende Beurteilung und Wiederherstellung des Gartens (Stand 29. August 2011)

Die Tunnelbauexperten waren gleich nach der ersten Einschätzung der Situation einhellig der Meinung, dass diese Senke keine weiteren Gefahren für die Anwohner birgt. Dies hat sich nach eingehender Prüfung bestätigt, die Oberfläche stellt sich als stabil dar. Die beteiligten Experten sprechen von einem atypischen Vorfall, auf den es aufgrund der Kenntnisse über die geologische Bodenformation und der Tunnelbauprotokolle keine Hinweise gab. Neben den Tunnelbauexperten der beteiligten Arbeitsgemeinschaft und des Bauherrn arbeiteten eine Reihe externer Gutachter intensiv an der Aufklärung der Ursache für die Absenkung. Übereinstimmend stellten sie fest, dass hier keine Hohlräume über dem Tunnel vorhanden sind, und dass der Boden, es handelt sich um Sand, unterhalb der Senke in einem engen Bereich sehr locker gelagert ist. Diese besondere Bodenbeschaffenheit hat eine begrenzte Ausdehnung und beginnt in einer Tiefe von etwa 12 Metern unter Geländeoberkante (GOK). Durch den Tunnelvortrieb kam es offenbar zu lokalen Bodenbewegungen, die etwa vier Wochen, nachdem die Tunnelbohrmaschine hier im Einsatz war, zu der Bodensenke führten.
Nach Aussage der beteiligten Fachingenieure zeigen die Untersuchungsergebnisse einen grundsätzlich tragfähigen Boden. Trotzdem haben sich alle Beteiligten darauf verständigt, den Bereich des aufgelockerten Sandbodens jetzt zu verdichten. Dies wird mit sogenannten Spüllanzen durchgeführt, die einen Durchmesser von etwa 6 cm haben und von unten nach oben arbeiten. Durch langsames Ziehen der Lanze wird der Sand dabei mit Wasserdruck nach unten gespült, sodass er sich in der Tiefe setzt. Die dann an der Oberfläche eventuell fehlende Bodenmenge wird aufgefüllt. Das Ergebnis wird nach einer gewissen Zeit mit einer Bodensondierung überprüft.

Erste Reaktion (Stand 13. Juli 2011)

Innerhalb einer Stunde nach Benachrichtigung war DESYs leitender Bauingenieur für den Tunnelbau vor Ort, analysierte die Situation und sorgte für die erforderlichen Erstmaßnahmen. Das Gebiet wurde abgesperrt und vermessen und die Senke verfüllt. Bis auf Weiteres wird sie zweimal am Tag beobachtet und vermessen. Die Tunnelbauingenieure der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Tunnel XFEL, DESYs Bauingenieure und andere Experten arbeiten seitdem intensiv an der Aufklärung der Art der Bodensenke und der Suche nach ihren Ursachen. Dabei kommen auch verschiedene Spezialwerkzeuge zum Einsatz, die die Tiefensondierung des Bodens ermöglichen (s. Maßnahmen der Tiefensondierung und Fotos). Außerdem wurde ein unabhängiger Bodengutachter hinzugezogen.
Sobald die Untersuchungen abgeschlossen und ausgewertet sind, wird ein Konzept für die Wiederherstellung des Gartens entwickelt, das ggf. auch eine spezielle Verfestigung des Untergrunds beinhaltet.
Die Strecke über dem Tunnel wurde und wird von der ARGE Tunnel XFEL routinemäßig auf mögliche Senkungen vermessen. Der zeitliche Abstand der Einzelmessungen richtet sich nach dem jeweiligen Standort der Vortriebsmaschine. Die Vermessung geschieht in einem engen Raster, in das auch Gebäude eingebunden sind, wobei die fest installierten Vermessungspunkte – bis auf wenige Ausnahmen – im öffentlichen Bereich (Straßen, Fußwege usw.) liegen. Die Bodensenke wird nun bis auf Weiteres zweimal am Tag beobachtet und vermessen. Zusätzlich und vorsorglich werden in einem größeren Bereich vor und hinter der Bodensenke die Grundstücke, unter denen der Tunnel verläuft, besucht und dabei speziell die Grünflächen über der Tunneltrasse direkt in Augenschein genommen.

Maßnahmen der Tiefensondierung

Seit Montag, 4. Juli 2011, wird die Beschaffenheit der Bodensenke und ihrer Umgebung analysiert. Bei dieser Tiefensondierung werden die leichte und schwere Rammsondierung und die Drucksondierung angewendet. Außerdem kommt ein Magnetometer zur Auffindung von Metallteilen zum Einsatz.
Bei der leichten Rammsondierung wird ein so genannter Künzelstab mit einem Querschnitt von 5 cm2 in mehreren Schritten und aus immer derselben Fallhöhe in den Boden gerammt. Hierbei wird die Anzahl der Schläge gezählt, die nötig ist, um den Stab in eine festgelegte Tiefe zu bringen. Aus der Schlagzahl lassen sich Rückschlüsse auf die Dichte des Bodens ziehen.
Bei der schweren Rammsondierung wird eine Sonde mit größerem Querschnitt (15 cm2) verwendet. Auch hierbei erlaubt die Anzahl der Schläge Rückschlüsse über die Bodenverhältnisse (Lagerungsdichte). Im Gegensatz zur leichten Rammsondierung lassen sich mit diesem Verfahren jedoch tiefere Bodenschichten untersuchen.
Bei der Drucksondierung wird ein Messkopf mit kegelförmiger Spitze mit konstanter Geschwindigkeit (in der Regel 2 cm pro Sekunde) über ein Gestänge in den Boden gepresst. Gemessen wird hierbei der Widerstand an der Spitze und am Mantel des Stabes. Aus dem Spitzendruck lassen sich Rückschlüsse auf die Dichte des Bodens gewinnen und aus dem Verhältnis von Mantelreibung und Spitzendruck Hinweise auf die Bodenart.
Ein Magnetometer misst magnetische Flussdichten. Eine der klassischen Aufgaben eines Magnetometers ist es, das Erdmagnetfeld mit seinen Schwankungen zu vermessen (Geomagnetik). Treten lokale Abweichungen des Magnetfelds an der Erdoberfläche auf, so deutet dies auf ferromagnetische Materialien im Untergrund hin.
Mit einem Mikrogravimeter können kleinste Schwankungen des Erdschwerefelds gemessen werden. In einem aufwendigen Verfahren erhalten Geophysiker daraus Informationen zu der Dichteverteilung im Untergrund des sondierten Gebiets.

Stellt das Bauverfahren eine Gefahr für die Anwohner und ihre Häuser dar?

Die Experten sagen, dass dieses Tunnelbohrverfahren keine Gefahr für die Anwohner darstellt. Nur deswegen haben wir als Bauherr dieser Bauweise überhaupt zugestimmt. Trotzdem gilt auf der anderen Seite: eine hundertprozentige Sicherheit gibt es bei keinem Bauverfahren und bei keiner Baumaßnahme. Sowohl die an diesem Bau beteiligten Tunnelbauingenieure als auch die von uns hinzugezogenen externen und unabhängigen Gutachter sind weiterhin der festen Überzeugung, dass sowohl diese als auch die im November 2010 auf einer Pferdekoppel entstandene Bodensenke atypisch sind. Sie gehen auch weiterhin davon aus, dass eine weitere Senke extrem unwahrscheinlich ist.

Inwieweit wurden die Nachbarn über den Tunnelbau und eventuelle Risiken informiert?

Nicht nur die Eigentümer und Anwohner, deren Grundstücke von der Tunneltrasse berührt sind, sondern auch ein breiter Kreis von Nachbarn entlang der Tunneltrasse werden seit der Festlegung der Tunneltrasse im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens, also seit 2005 über das Projekt und die Baumaßnahme regelmäßig informiert. In diesem Zusammenhang wurde stets auf die große Sicherheit des Schildvortriebsverfahrens hingewiesen, aber ebenso darauf, dass es bei keinem Bauverfahren eine hundertprozentige Sicherheit geben kann.
Zentrale Maßnahmen der Nachbarschaftsarbeit sind die Einrichtung des Nachbarschaftsbüros, das auch außerhalb der Bürozeiten telefonisch erreichbar ist, öffentliche Informationsveranstaltungen, Informationsschreiben und persönliche Informationsbesuche, bei denen Fragen direkt gestellt und beantwortet werden können.
Darüber hinaus wurde vom 21. Februar bis 7. April 2011 im Einkaufszentrum Bornheide und vom 9. Mai bis zum 24. Juni 2011 im Pflegezentrum Lupine ein Infopoint Tunnelbau eingerichtet, in dem sich die betroffenen Nachbarn persönlich über die Tunnelarbeiten informieren konnten.
Zusätzlich werden Aushänge an entsprechenden Stellen platziert und Presseinformationen für die lokalen Medien herausgegeben. Außerdem verteilte das Nachbarschaftsbüro an alle betroffenen Haushalte ein Info-Paket, das eine DVD mit einem Film "Der Bau des neuen Röntgenlaser-Tunnels unter Ihrem Wohngebiet" enthält sowie Faltblätter zum Tunnelbau und zum European-XFEL-Projekt und die Visitenkarte des Nachbarschaftsbüros.
Ansprechpartner für die Presse
European XFEL
Pressesprecherin
Petra Folkerts
Tel: +49 40 8998-4977 / -3616
Fax: +49 40 8998-2020
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DESY
Pressesprecher
Dr. Thomas Zoufal
Tel: +49 40 8998-1666 / -3613
Fax: +49 40 8998-4307
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