27.01.2012

Vielversprechendes Material für Lithium-Ionen-Batterien

DESY Lichtquelle enthüllt innere Struktur von porösem Hämatit

Ein deutsch-amerikanisches Forscherteam hat ein vielversprechendes Material für wieder aufladbare Lithium-Ionen-Batterien identifiziert. Poröse dünne Schichten des Minerals Hämatit können eine große Zahl von Lithium-Ionen speichern und verlieren auch über viele Ladezyklen kaum an Kapazität, wie die Wissenschaftler der Universität Gießen, des Deutschen Elektronen-Synchrotrons DESY, der HRL Laboratories und der Universität von Kalifornien in Los Angeles berichten. Beide Eigenschaften sind für wieder aufladbare Batterien von großer Bedeutung. Die zuvor im Fachjournal "small" (DOI: 10.1002/smll.201001333) veröffentlichte Studie wird im neuen "Photon Science Highlights"-Jahresbericht des DESY vorgestellt, der an diesem Freitag erschienen ist.

GISAXS-Aufnahme einer mesoporösen Hämatit-Dünnschicht von der DESY-Anlage DORIS. Bild: Torsten Brezesinski/Universität Gießen

Lithium-Ionen-Batterien sind in unserer modernen Welt allgegenwärtig: Sie versorgen unsere Mobiltelefone, Notebooks und Digitalkameras mit Strom. Und sie sind der Schlüssel zu einer modernen Mobilität auf Basis von Autos mit Elektro- und Hybrid-Antrieb. Mit dem starken weltweiten Anstieg bei batteriebetriebenen Geräten gewinnt die Forschung an neuen, kostengünstigen und leistungsstarken Batterien besondere Bedeutung.

Die Forschergruppe um Torsten Brezesinski von der Universität Gießen ist dabei auf einen unerwarteten Kandidaten für ein neues Batteriematerial gestoßen: Hämatit. Das Mineral, ein Eisenoxid (α-Fe2O3), hatte sich in früheren Untersuchungen als eher wenig geeignet für Batterien gezeigt. Die Forscher untersuchten nun jedoch dünne Hämatit-Schichten, gespickt mit zahllosen winzigen Poren von je nur 15 Nanometern Durchmesser. Ein Nanometer ist ein millionstel Millimeter, die Poren messen also lediglich 0,000 015 Millimeter. Wissenschaftler nennen solche Materialien mit Porengrößen zwischen 2 und 50 Nanometern mesoporös.

Der Übergang von einem makroskopischen Hämatit-Block zu einer mesoporösen Dünnschicht ändert die Materialeigenschaften drastisch. Zwei wichtige Qualitätsmerkmale für eine Lithium-Ionen-Batterie sind die Menge gespeicherter Lithium-Ionen und die Zahl der Ladezyklen bei gleichbleibender Kapazität - das entspricht der Lebensdauer der Batterie. Mit elektrochemischen Methoden konnten die Forscher zeigen, dass sich beide Merkmale in den dünnen, porösen Hämatitschichten deutlich verbessern. So können etwa die mesoporösen Schichten mehr als 13 Mal so viele Lithium-Ionen speichern wie Hämatit-Mikrokristalle. Im untersuchten Spannungsbereich war die Kapazität der Hämatit-Dünnschicht auch besser als die anderer bekannter Materialien für Lithium-Ionen-Batterien. Die Forscher beobachteten dabei auch nach 200 Ladezyklen keinen nennenswerten Kapazitätsverlust.

Warum haben jedoch mesoporöse Schichten so gute Eigenschaften, die kleinen und großen Einheiten desselben Materials fehlen? Die Aufnahme von Lithium-Ionen in Hämatit führt zu Spannungen in dem Material. "In Mikrokristallen erfährt das Hämatit eine irreversible Phasenumwandlung, wenn das Lithium eingefügt wird. Das begrenzt die Lithium-Speicherfähigkeit und führt zu einer schlechten Zyklus-Stabilität", erläutert Brezesinski. "In den dünnen Schichten jedoch erlaubt die Poren-Architektur dem Material, sich auszudehnen und damit die Spannung in der Schicht zu kompensieren." Das erklärt, warum die dünnen Schichten so viele Ladezyklen vertragen. Ein weiterer Vorteil der mesoporösen Schichten ist, dass das Lithium sich in die Schicht hineinbewegen kann und ihm so das gesamte Volumen zur Verfügung steht. Damit steigt die verfügbare Fläche für die Lithium-Aufnahme.

In einer wieder aufladbaren Lihion-Ionen-Batterie ist die Beweglichkeit der Ionen von zentraler Bedeutung. Das Lithium bewegt sich beim Entladen vom negativen zum positiven Pol und in die andere Richtung, wenn die Batterie geladen wird. "Durch die Porenstruktur kann sich das Lithium viel schneller in das und aus dem Material bewegen", erläutert Brezesinski. "Verglichen mit anderen Materialien wird sich eine Batterie mit Elektroden aus mesoporösen Hämatit-Dünnschichten extrem schnell laden lassen."

Die Forscher haben eine Reihe moderner Methoden benutzt, um die Struktur der mesoporösen Schichten zu untersuchen. Darunter Mikroskopie, Spektroskopie und Synchrotronstrahlung. Mit der sogenannten GISAXS-Technik (grazing-incidence small-angle X-ray scattering) haben die Forscher an der DESY-Synchrotronlichtquelle DORIS die innere Struktur der Dünnschichten mit intensiver Röntgenstrahlung untersucht. "Mit Mikroskoptechniken können wir nur die Oberfläche der Probe sehen", erläutert DESY-Forscher Jan Perlich. "GISAXS erlaubt uns, tatsächlich in die Probe hineinzublicken, ohne sie zu zerstören. So ließ sich bestätigen, dass sich die Poren, die auf der Oberfläche zu sehen sind, auch im Inneren der Schicht fortsetzen."

Angesichts der vergleichsweise niedrigen Kosten von Eisenoxid-basiertem Material und dem zunehmenden Bedarf der modernen Gesellschaft sind wieder aufladbare Batterien auf Basis mesoporöser Dünnschicht-Hämatit-Elektroden eine vielversprechende Option.

Morphologie selbstorganisierender Hämatit-Dünnschichten, die auf 550 Grad Celsius an der Luft erhitzt wurden: a) Querschnitt mit dem Rasterelektronenmikroskop, der zeigt, dass die Porenstruktur durch die gesamte Schicht reicht; b) Aufsicht mit dem Rasterelektronenmikroskop, die belegt, dass keine Grenzschicht die Hämatit-Oberfläche versiegelt; c) und d) Transmissionselektronenmikroskopaufnahmen in niedrigerer und höherer Auflösung, die eine mittlere Porengröße von 15 Nanometern Durchmesser belegen. Bild: Torsten Brezesinski/Universität Gießen